"Sisi" auf RTL+ Weniger Kitsch, dafür mehr Sex: Die neue "Sisi" ist modern – und Franz Joseph kalt und brutal

"Sisi"
In "Sisi" spielen Dominique Devenport und Jannik Schümann Kaiserin und Kaiser von Österreich
© RTL / Story House Pictures / Louis-Zeno Kuhn
Wer bei "Sisi" Romy Schneider und Karlheinz Böhm im Kopf hat, muss schnell umdenken. In der neuen RTL+-Serie geben Dominique Devenport und Jannik Schümann dem Kaiserpaar einen neuen Anstrich.

Der erste Blick, den Zuschauer:innen auf Herzogin Elisabeth "Sisi" in Bayern bekommen, könnte nicht weiter entfernt sein von Romy Schneiders Version aus den Fünfzigerjahren. 

"Sisi": Neue Serie über die beliebte Kaiserin

Sisi (gespielt von Dominique Devenport) liegt in ihrem Bett, befriedigt sich selbst, die Hände unter der großen Decke. Dann schwingt die Tür zu ihrem Zimmer auf und die junge Frau wird von ihrer Schwester Helene, Spitznamen Néné, erwischt. 

Die Schwestern haben eine enge Beziehung, bewahren beim Essen mit der Familie Stillschweigen über ihr kleines Geheimnis. Doch ihr Verhältnis soll bald erschüttert werden. Denn Néné soll ihren Cousin heiraten, den österreichischen Kaiser Franz Joseph (Jannik Schümann). Doch angekommen in Wien, hat der nur Augen für die jüngere Schwester, Sisi. Die aufbrausende Rebellin, die gegen den Willen ihrer Mutter Schwarz trägt, hat es dem Monarchen direkt angetan. Und das Interesse beruht auf Gegenseitigkeit.

Kaiser Franz Joseph ist kalt und aufbrausend

Es dauert nicht lange, da muss der Kaiser Sisi im Wald gegen ungarische Aufständische verteidigen, die Rache üben wollen an seiner Regentschaft. Es fallen Schüsse, Sisis Kleid reißt und die beiden reiten gemeinsam vom Tatort. Sex, Gewalt, nackte Haut – Szenen, die im Film-Klassiker "Sissi" völlig fehl am Platz gewirkt hätten. Doch in der neuen Interpretation der Geschichte ist nicht nur die künftige Kaiserin selbst moderner und frivoler.

Der vom Hamburger Jannik Schümann gespielte Herrscher Franz Joseph könnte wohl nicht weiter entfernt sein von Böhms Darstellung des Kaisers. Er ist aufbrausend, gefühlskalt, teilweise intrigant und hat ein Faible für Prostituierte. Prägnant ein Rat, den ihm seine Mutter (gespielt von Désirée Nosbusch) in Folge zwei mit auf den Weg gibt: "Gefühle sind ein unbestechliches Anzeichen von Schwäche."

Dunkler und weniger märchenhaft

Die Rolle wird durch die dunklen Seiten zwar etwas interessanter und weniger kitschbehaftet, allerdings fragt man sich stellenweise, warum die Frauen – besonders die clevere Sisi – an diesem Franz Joseph überhaupt Gefallen gefunden haben. Sisis eigener Vater nennt seinen Schwiegersohn einen "kleinen Bub" und "kranken Monarch" und warnt davor, seine Tochter in einen goldenen Käfig zu sperren. Eine dunkle Vorahnung auf das, was noch kommen wird? Spannend wird, wie sich die Figur des Franz Joseph in den sechs Folgen von "Sisi" entwickelt. 

Devenport verkörpert die Rolle der Sisi überzeugend. Auch sie ist weniger märchen- und mädchenhaft als Romy Schneiders Version, dadurch aber auch frischer und moderner. Als Zofe wählt sie Fanny, eine von Franz Josephs Prostituierten, die ihr beibringen soll, wie sie den Kaiser glücklich machen kann. Spätestens jetzt sollte allen Fans des Film-Klassikers klar sein, dass ihnen hier keine Neuauflage von Schneiders und Böhms Bilderbuch-Liebesgeschichte serviert wird. 

Sehenswerte Neuauflage

Das dürfte manchen Fan enttäuschen, der darauf gehofft hat, in der Weihnachtszeit ein bisschen alte Fünfzigerjahre-Magie zu verspüren. Dabei ist die Neuauflage der bekannten Geschichte sehenswert und erfrischend, wenn auch düsterer. Und es ist gut, dass sie zwar die gleiche Geschichte erzählt, den Figuren aber einen neuen Anstrich gibt. Kein Schauspielerpaar hätte kopieren sollen und können, was Romy Schneider und Karlheinz Böhm damals gelungen ist.

Und so erinnert die RTL+-Serie eher an "Bridgerton" als an ihre ursprüngliche Vorlage. Mit "Bridgerton" gelang Netflix im vergangenen Winter ein Mega-Erfolg. Binnen kürzester Zeit wurde das Historiendrama zu einer der meistgesehenen Eigenproduktionen des Streamingdienstes. Besonders die unverhohlenen Sexszenen sorgten für Furore. Der Überraschungserfolg versüßte vielen Zuschauer:innen im vergangenen Jahr die Weihnachtstage – gut möglich, dass "Sisi" da nachziehen wird. 

Die erste Staffel "Sisi" ist ab dem 12. Dezember bei RTL+ zu sehen.

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