Bombastische Langeweile Darum war die "Game of Thrones"-Schlacht eine große Enttäuschung

Zwei Jahre haben "Game of Thrones"-Fans auf den Kampf mit dem Nachtkönig hingefiebert. Und dann das: eine uninspirierte Materialschlacht, die fast alles vermissen ließ, was "Game of Thrones" ausmacht.

Achtung: Dieser Text verrät Inhalte der aktuellen achten Staffel von "Game of Thrones" und aus allen bisherigen Staffeln. Wer noch nicht alle Folgen gesehen hat und sich lieber überraschen lassen möchte, sollte hier aufhören zu lesen.

Oh Mann, das war also die Schlacht, die als die größte der Fernsehgeschichte angekündigt worden war. Als der epische Höhepunkt einer zweifelsohne epischen Serie. Der Nachtkönig mit seinem Heer der Toten im Sturm auf Winterfell, verteidigt von fast allen noch lebenden Helden, die das "Game of Thrones"-Universum zu bieten hat. Ganz großes Popcornkino, keine Frage. Und doch für mich auch eine gigantische Enttäuschung. Es mag Menschen geben, die die Materialschlacht als Meilenstein der Seriengeschichte sehen. In meiner persönlichen Hitliste aller "GoT"-Folgen hat die Episode noch nicht mal eine Chance auf die Top Ten. Und das aus mehreren Gründen.

Zunächst mal ist es relativ unverständlich, wie man 15 Millionen Dollar in vollkommener Dunkelheit verblasen kann. Dass die Horden der Finsternis zunächst nicht zu erkennen sind, mag zu Beginn der Schlacht noch den Gruselfaktor angenehm in die Höhe treiben. Doch spätestens nach 20, 30 Minuten Dunkel-Action und angestrengtem Gestarre auf den Bildschirm wünscht man sich, die Serienmacher hätten das Gemetzel zumindest bis ins Morgengrauen verschoben. Im Zusammenspiel mit den hektischen Schnitten sind einfach viel zu wenig Details zu erkennen. 

Zu viel stupides Gemetzel

Aber selbst wenn die Macher ein paar Lichter mehr am Set aufgestellt hätten, hätte mich die Schlacht wohl nicht vom Hocker gehauen. Es mag sich erstmal komisch anhören: Aber das Ganze war doch relativ langweilig. So sehr ich auch auf Schlachtengetümmel stehe - Action garantiert noch lange keine Spannung. Die Inszenierung einer Schlacht lebt nicht davon, dass möglichst viele Kämpfer aufeinander losgehen, das bekommt man heutzutage aus dem Computer geliefert. Wichtig ist vielmehr, was die Helden inmitten des Schlachtengetümmels tun.

Und da hat das Endgame um Winterfell sein größtes Problem: Auf der einen Seite die ameisenhaften Zombie-Horden, die zwar im Kollektiv bedrohlich, aber eben auch vollkommen gesichtslos sind. Und somit mit dem Night King nur einen einzigen echten Bösewicht, den man halbwegs als Charakter bezeichnen kann (selbst seine creepy Offiziere dürfen nur am Schluss einmal kurz durchs Bild laufen). Auf der anderen Seite eine ganze Fülle von Helden, die immer mal wieder kurz gezeigt werden, aber überwiegend einfach nichts Spannendes machen. Oder kann mir jemand sagen, was Jamie oder Brienne zur Schlacht beigetragen haben, außer dass sie auf die Monsterhorden eingedroschen haben wie alle anderen?

Game of Thrones
© Wochit
"Game of Thrones": So emotional reagieren die Fans auf die Schlacht um Winterfell

Zu wenig starke Szenen 

Die stärkste Heldenszene ist die der kleinen Lyanna Mormont, als sie den untoten Riesen tötet und dafür mit dem Leben bezahlt. Auch Jorah Mormont stirbt seine Khaleesi verteidigend den Heldentod. Doch die meisten Hauptcharaktere haben keine einzige Szene, die im Gedächtnis bleiben wird. Sie gehen im allgemeinen Hauen und Stechen unter, allerdings nur sinnbildlich gesprochen. Denn ironischerweise überleben ja alle wichtigen Figuren diese tödlichste aller Schlachten. Anscheinend sind Hochzeiten in Westeros für Heldenfiguren deutlich gefährlicher als die Zombie-Apokalypse.

Die anderen großen "Game of Thrones"-Schlachten hatten alle irgendetwas Besonderes. In der Schlacht von Blackwater wird Stannis' Flotte durch den überraschenden Einsatz von Seefeuer versenkt. Der "Battle of Bastards" bietet nicht nur den fiesesten aller Fieslinge, sondern auch eine eine eindrückliche Inszenierung des Kampfes, als Jon und seine Leute beinahe im Kessel der Feinde erdrückt werden. In der Schlacht um Hardhome waren erstmals die Untoten in voller Action zu sehen. Aber was war das Besondere an der langen Nacht, außer dass alles in Emmerich'sche Dimensionen aufgeblasen war?

Kein echter Twist

Schließlich fehlen der vermeintlichen Königsfolge auch die überraschenden Wendungen. Denn am Ende kommt ja alles so, wie vorher am Reißbrett geplant. Die Lebenden haben eigentlich keine Chance gegen die Toten. Aber der Night King schluckt den Köder Bran und wagt sich aus der Deckung, um ihn persönlich kaltzustellen (wobei seine Bran-Obsession bis zum Schluss nicht wirklich nachvollziehbar bleibt).

Dass dann Arya - und nicht etwa Jon - den Unhold mit einem Assassinen-Move zur Strecke zu bringt, ist eine coole Einzelszene. Aber zum einen kommt das Ganze doch sehr aus dem Nichts, nachdem Arya vorher scheinbar ziellos durch irgendwelche Gänge geirrt ist.

Zum anderen fehlt diesem letztlich schnöden Ende des bedeutendsten Bösewichts doch ein emotionaler Twist, der der Bedeutung gerecht geworden wäre. Zum Beispiel ein schockierender Hinweis darauf, wer der Night King eigentlich ist oder mal war – irgendeine Art "Ich bin dein Vater"-Offenbarung oder sowas. Ich bin kein Drehbuch-Autor und habe die meisten Fantheorien nicht gelesen, aber da hätte man doch bestimmt was finden können.

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