Geht es um 17,50 Euro im Monat oder ums Prinzip oder um Aufmerksamkeit? Im Fall eines 53-Jährigen aus Nordrhein-Westfalen, der sich seit Jahren weigert, den Rundfunkbeitrag zu bezahlen, und der nun im Gefängnis sitzt, ist das nicht wirklich auszumachen.
Klar ist nur: Die Geschichte von Georg T. ist am Freitag durch die WDR-Sendung "Domian live" um ein Kapitel reicher geworden – und sie scheint noch lange nicht auserzählt.
Kein Fernseher, kein Radio, kein Rundfunkbeitrag?
Sie beginnt, so berichtet es der ledige EDV-Zeichner in der Justizvollzugsanstalt Münster der "Bild am Sonntag", 2013. Seither weigert sich T. nach eigener Darstellung, den monatlichen Beitrag für ARD, ZDF und Deutschlandradio zu entrichten. Die Begründung: Er habe weder ein Radio noch einen Fernseher und nutze die öffentlich-rechtlichen Angebote nicht.
Fakt ist jedoch: Seit 2013 ist es vollkommen unerheblich, ob solche Geräte vorhanden sind. Mit der damaligen Umstellung von der Rundfunkgebühr auf den bis heute geltenden Rundfunkbeitrag wurde das System auf eine sogenannte Haushaltsabgabe umgestellt. Mit wenigen Ausnahmen muss laut Rundfunkbeitragsstaatsvertrag jeder Inhaber einer Wohnung monatlich 17,50 Euro zahlen, unabhängig davon ob ein Radio oder Fernseher vorhanden ist. Das Modell des Rundfunkbeitrags wurde von allen 16 Länderparlamenten beschlossen und hielt Prüfungen etlicher Gerichte stand. Es gilt damit auch für Georg T., der sich dem Recht jedoch offenbar nicht fügen wollte.
"Ich verdiene 14.000 Euro im Jahr, WDR-Chef Buhrow 400.000 Euro – aber wir zahlen beide 17,50 Euro" und "ARD und ZDF sollen endlich sparen, sich auf Nachrichten konzentrieren – teure Events den Privaten überlassen", rechtfertigt der 53-Jährige in der "Bild" seine Weigerung. Den Rundfunkbeitrag bezeichnet er als "schändlich".
Im Laufe der Jahre häuft T. demzufolge rund 1800 Euro Schulden beim Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio an, bekommt Mahnungen, Zahlungserinnerungen. Am 25. Februar dieses Jahres schickt ihn eine Gerichtsvollzieherin in Erzwingungshaft, wo er bis zum heutigen Tage sitzt – angeblich so lang wie noch kein Rundfunkbeitragsverweigerer vor ihm.
Seit die Geschichte von Georg T. öffentlich ist, kann er sich über mangelnde Aufmerksamkeit nicht beschweren. Selbst ein eigener Hashtag, der zur Freilassung des Mannes aufrief, landet zwischenzeitlich in den deutschen Twitter-Trends. T. selbst sagt: "Ich sitze meine Zeit hier ab." Und, da es auch Beifall für ihn aus der anderen Ecke gibt, er fügt zur Sicherheit hinzu: "Ich bin politisch links, wählte früher die Piraten, hab mit Reichsbürgern nix am Hut."
Die Geschichte des Davids der sich gegen den Goliath "öffentlich-rechtlicher Rundfunk" zur Wehr setzt, verfängt. Doch sie ist nur die halbe Wahrheit. Denn wie alle anderen Bürgerinnen und Bürger auch, hat T. die Möglichkeit, aus finanziellen Gründen eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag zu beantragen – freilich ohne Garantie, dass diesem Antrag entsprochen wird. Hierzu müssen entsprechende Behördenbescheide (zum Beispiel über Sozialleistungen) eingereicht oder bei Härtefallanträgen die finanziellen Verhältnisse offengelegt werden – so wie es bei Schuldnern, die nicht zahlen können, üblich ist. Doch Auskunft über sein Vermögen will T. nicht geben, heißt es in der "Bild"-Zeitung. Und genau das ist der Grund für die Erzwingungshaft in der JVA Münster.
Entsprechend kompromisslos gibt sich der Westdeutsche Rundfunk, aus dessen Sendegebiet der 53-Jährige kommt. Auf "Welt"-Anfrage erklärt der Sender, von der Erzwingungshaft Bedrohte könnten diese in der Regel "selbst abwenden", in dem sie eine Vermögensauskunft abgeben – oder ihre Schulden schlicht und einfach bezahlen. Die Entrichtung des Rundfunkbeitrags sei daneben auch eine Frage der Solidarität. "Sich der gesetzlichen Beitragspflicht zu entziehen und Zahlungen zu verweigern, ist insbesondere all jenen gegenüber nicht gerecht, die den Rundfunkbeitrag ordnungsgemäß entrichten", so der Sender in der "Neuen Zürcher Zeitung". Einem Antrag, den Haftbefehl für T. zurückzuziehen, ist der WDR laut "Bild"-Zeitung folglich nicht nachgekommen.
Domian wirft Anrufer zum Fall Georg T. aus der Leitung
In einer anderen Sache reagiert der Sender schnell, es ist das vorerst letzte Kapitel in der Geschichte von Georg T.: In der vergangenen Freitagnacht wird ein Anrufer mit dem Namen Tobias in die Call-In-Sendung "Domian live" im WDR Fernsehen geschaltet. "Ich würde mir wünschen, dass ich das Gespräch bis zum Ende führen darf", beginnt er das Gespräch mit Moderator Jürgen Domian. "Ich würde gerne über Georg T. sprechen" – und das tut der Anrufer dann auch, allerdings nur gut eine Minute, ehe Domian ihn unterbricht. "Ich habe gerade von einem Kollegen gehört", erklärt der WDR-Talker unter Verweis auf seinen Knopf im Ohr. "dass du dich hier in diese Sendung hineingemogelt hast. Du wolltest angeblich was zu Kardinal Marx sagen und kommst jetzt mit einem ganz anderen Thema an. Das finde ich nicht in Ordnung, das ist fake und das mag ich hier nicht." Darauf beendet Domian das Gespräch mit Anrufer Tobias.
Georg T., der Rundfunkbeitrag und die fehlende Vermögensauskunft – die Geschichte, so scheint es, wird noch weitergehen. Die Erzwingungshaft für die Verweigerung einer Vermögensauskunft kann bis zu sechs Monate dauern.
Quellen: "Bild am Sonntag", Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht, "Welt", "Neue Zürcher Zeitung", "Domian live", Gesetz über Ordnungswidrigkeiten, Zivilprozessordnung