- 3 von 5 Punkten
- Milieumix aus Knaststudie und Sorgerechtsstreit um ein Kind
Worum geht's?
Nach fünf Jahren im Gefängnis freut sich Dieter Scholz (Carlo Ljubek) auf ein Leben in Freiheit – und seinen kleinen Sohn Ferdinand. Der musisch hochbegabte Junge war während Scholz' Haft in einer Pflegefamilie untergebracht. Viola und Georg Seiffert haben sich liebevoll um Ferdinand gekümmert und ihn gefördert. Dass er jetzt in die Obhut seines Vaters zurück soll, der unter anderem wegen Kindesmisshandlung angezeigt wurde, schmerzt die Seifferts sehr. Vor seiner Entlassung bekommt Dieter Scholz die ganze Härte des Knastalltags zu spüren: Rivalisierende Gruppen liefern sich einen Streit um Drogengeschäfte. Als Roland Gumpert (Ralph Herforth), Anführer der einen Gang, unter der Dusche ermordet wird, gerät auch Scholz in den Kreis der Verdächtigen. Die Münchner Kommissare Franz Leitmayr (Udo Wachtveitl) und Ivo Batic (Miroslav Nemec) verlegen ihr Büro notgedrungen in die Justizvollzugsanstalt und befragen die Insassen. Der Leiter der JVA macht den Ermittlern wenig Hoffnung, dass der Mörder gefunden wird. Tatsächlich stoßen Batic und Leitmayr unter den Häftlingen auf eine Mauer des Schweigens und müssen erkennen, dass die Situation hinter Gittern auch für sie nicht ganz ungefährlich ist.
Warum lohnt sich der "Tatort: Das Wunderkind"?
Wenn sich Erwachsene um das Sorgerecht streiten, sind meistens die Kinder die Leidtragenden. Das zeigt der "Tatort" (Regie und Drehbuch: Thomas Stiller) sehr bewegend am Beispiel des kleinen Ferdinand Scholz. Sein leiblicher Vater hat seine Gefängnisstrafe abgesessen und wünscht sich eine Rückkehr in einen normalen Alltag – mit seinem Sohn. Als Zuschauer hofft man, dass seine Resozialisierung gelingt, Vater und Sohn wieder zueinander finden. Gleichzeitig ist Dieter Scholz nach fünf Jahren Haft für den Jungen ein Fremder geworden. Ferdinand nennt seine Pflegeeltern Mama und Papa, ihr Zuhause ist auch seins geworden – doch das Sorgerecht für den Jungen haben sie nicht. Die Momente, in denen der Junge zwischen den beiden Welten hin- und hergerissen wird, gehören zu den intensivsten des Films.
Was stört?
Rivalisierende Gangs, korrupte Beamte, Repressalien und Vergewaltigung: Um das Leben hinter Gittern zu beschreiben, werden oft die gleichen Erzählweisen und Bilder bemüht. Der Krimi macht hier keine Ausnahme. Dadurch wird die Geschichte über weite Strecken vorhersehbar. Zudem dauert es fast 20 Minuten, bis der Plot Fahrt aufnimmt und die Kommissare das erste Mal in Erscheinung treten.
Wiener "Tatort"-Duo quittiert den Dienst – auch diese Ermittler sind nicht mehr dabei

Die Kommissare?
Wenn es um den Häftling Dieter Scholz geht, sind die Kommissare tief gespalten. Ivo Batic glaubt an Scholz' Unschuld und dass er sich im Gefängnis grundlegend geändert hat. Argumente, die Leitmayr nicht gelten lassen will. Die Tatsache, dass dem Vater vorgeworfen wurde, seinen Sohn misshandelt zu haben, lässt bei dem Polizisten alle Alarmglocken schrillen und weckt Erinnerungen an seine eigene Kindheit. Leitmayr berichtet, von seinem Vater verprügelt worden zu sein. Jeden Tag habe er versprochen, damit aufzuhören – und schlug doch wieder zu.
Ein- oder ausschalten?
Das angekündigte "Tatort"-Aus von Batic und Leitmayr hat unter Fans für viel Aufregung gesorgt. Ende 2025 quittieren die beiden mit der 100. Folge den Dienst. Wer jetzt schon wehmütig auf den Abschied blickt, sollte die letzten Folgen des Münchner Ermittler-Duos nicht verpassen.
Die Kommissare Batic und Leitmayr ermittelten auch in diesen Fällen:
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