"Abraham Lincoln - Vampirjäger" 22.35 Uhr, Pro Sieben
ACTIONTRASH Stellen Sie sich einmal vor, Helmut Kohl hätte noch einen anderen, einen supergeheimen Grund gehabt, die Wiedervereinigung voranzutreiben. Wenn Saumagen und Behäbigkeit nur Tarnmantel gewesen wären für die wahre Bestimmung, die den Mann aus Oggersheim an die Spitze des deutschen Staates getrieben hatte. Wenn der Kalte Krieg nur als Ablenkung gedient hätte für einen Konflikt, der seit Jahrhunderten auf diesem Erdenrund schwelt. Wenn Erich Honecker, Leonid Breschnew und all die Strippenzieher der Sowjetunion Vampire gewesen wären. Und Helmut Kohl, axtschwingend, die letzte Verteidigungslinie zwischen uns und der ewigen Verdammnis.
Ich würde viel dafür geben so einen Film einmal im deutschen Fernsehen zu sehen. Aber Christoph Schlingensief ist tot. Und den allermeisten Filmemachern und Finanziers fehlt der Mut, sich einfach mal genüsslich im Pfuhl des Trashs zu suhlen. Neidisch blicke ich da über den großen Teich, wo ein völlig abgedrehter Roman wie "Abraham Lincoln - Vampirjäger" tatsächlich zur Vorlage eines (übrigens nicht ganz günstigen) Kinofilms werden kann. Produziert von - ja, genau, dem Tim Burton. Dass Burton sich ansonsten aber aus dem Projekt rausgehalten und Timur Bekmambetow ("Nochnoi Dozor - Wächter der Nacht") den Regiestuhl überlassen hat, merkt man dem Film leider auch an.
Der skurrile, morbide Humor, der Burtons Werke auszeichnet, fehlt völlig. "Abraham Lincoln. Vampirjäger" nimmt sich und seine Figuren so ernst, dass es schon wieder zum Lachen ist. Als 16. Präsident der Vereinigten Staaten darf Benjamin Walker abwechselnd Axt und Reden schwingen, das eine getränkt in Silber, das andere in Pathos. ("Wie es schon in der Bibel steht, war für mich die Zeit gekommen abzutun, was kindlich war. Ich würde kämpfen. Jedoch nicht mit einer Axt, sondern mit Worten und Idealen. Und eine Zeit lang erwiesen sie sich als die stärkere Waffe.") Die Vampire, durch und durch böse, werfen derweil mit lebenden Pferden um sich und verbünden sich mit fiesen Sklavenbesitzern aus dem Süden.
Ein herrlicher Quatsch - und ein lehrreicher dazu: Immerhin wissen wir jetzt, aus welchen Gründen der amerikanische Bürgerkrieg wirklich geführt wurde. Liebe Kinder, merkt euch das für's Geschichts-Abi. Ich hoffe derweil weiter, dass sich irgendwann doch noch ein Regisseur an das geheime Doppelleben von Helmut Kohl traut. Von mir aus auch mit Zombies oder Werwölfen.
PS: Wer es noch eine Spur trashiger und abgedrehter mag, aber auf den Mann mit Hut und Bart nicht verzichten will, der besorge sich "Abraham Lincoln vs. Zombies".
Ein TV-Tipp von Jens Wiesner, freier Autor bei stern.de
Und das ist an diesem Tag noch sehenswert:
"Gewalt und Leidenschaft"
22.55 Uhr, Bayern
DRAMA Bislang lebte der Professor (Burt Lancaster) zurückgezogen in seinem Palazzo. Widerwillig vermietet er das Obergeschoss an eine Marquise. Deren Geliebter (Helmut Berger) übt eine merkwürdige Faszination auf ihn aus... Opulentes Alterswerk von Luchino Viscon ti. (bis 0.50)
"Spiel mir das Lied vom Tod"
20.15 Uhr, Arte
Spiel mir das Lied vom Tod WESTERN Um der Eisenbahn den Weg gen Westen zu ebnen, tötet Frank (Henry Fonda) einen Farmer. Für dessen Witwe (Claudia Cardinale) bläst ein Fremder (Charles Bronson) zur Vergeltung... Totale gegen Großaufnahme, Langsamkeit als Spannung, eine Melodie für die Ewigkeit. (bis 22.55)