Mehr als sieben Jahre lang spielte Tayfun Baydar, 41, den Spätkaufbesitzer Tayfun Badak in der RTL-Erfolgsserie "Gute Zeiten, schlechte Zeiten". Im Sommer steigt der Serienliebling aus. Die letzte Folge mit ihm ist schon abgedreht. Der stern traf den Schauspieler und Wahlberliner in seiner Heimatstadt Hamburg zum Interview.
Herr Baydar, die letzte Folge mit Ihnen ist abgedreht. Wie war der Abschied von GZSZ?
Sehr emotional. Viel emotionaler als ich gedacht hätte. Es sind viele Tränen geflossen. Auch bei mir. Und interessanterweise auch bei Kollegen, von denen ich das gar nicht erwartet hätte. Mein letzter Drehtag war ein Freitag. Gegen 18.45 Uhr fiel die letzte Klappe und ganz viele Kollegen waren gekommen, um mir tschüss zu sagen. Das war echt super.
Gab es Abschiedsgeschenke?
Ja, ich habe eine riesigen Blumenstrauß bekommen. Außerdem hat mir die Requisite Tayfuns Portemonnaie überreicht, samt Führerschein und Fotos von Emily und der kleinen Kate. Außerdem noch das "Badak"-Klingelschild und die berühmte Winkekatze.
Was haben Sie jetzt vor?
Ich habe ehrlich gesagt noch keinen Plan. Aber ich habe Bock auf diese Planlosigkeit. Das entspricht genau meinem Naturell. Ich mag es nicht gerne, eingeengt zu sein. Insofern genieße ich jetzt erst mal meine freie Zeit. Und danach würde ich gerne in Komödien spielen. Ich bringe die Leute lieber zum Lachen als zum Weinen.
Sie hatten in Ihrer Rolle einen Gehirntumor und nach der OP konnten Sie keine Gefühle mehr für andere empfinden. Haben Sie sich besonders darauf vorbereitet?
Nicht mehr und anders als für alle anderen Geschichten auch. Das Dilemma ist, wenn man sich akribisch auf so eine Rolle vorbereitet, weiß man hinterher mehr, als die Drehbuchautoren selbst. Dann kommt man beim Drehen in Diskussionen, so von wegen 'das müsst ihr aber soundso machen'. Das kommt dann meist nicht so gut an (lacht). Aber wir haben auch sehr gute Coaches am Set, die diese Rolle gemeinsam mit dir entwickeln und dir dabei helfen. Da gibt es ganz wunderbare Tricks im Werkzeugkoffer eines Schauspielers.
Was nehmen Sie mit aus Ihrer Zeit bei GZSZ?
Ich glaube, ich bin toleranter und anpassungsfähiger geworden. Ich war früher kein Teamplayer, aber wenn man jeden Tag mit so vielen Menschen zusammenarbeitet, wird man das automatisch. Man lernt, aufeinander Rücksicht zu nehmen. Neulich im Straßenverkehr habe ich jemanden vorgelassen, der es eigentlich nicht verdient hatte und ich glaube, das hätte ich früher nicht gemacht (lacht).
Bei Wikipedia steht über Sie, dass Sie sich mit einem Demoband bei RTL beworben haben und erst drei Jahre später eine Einladung zum Casting erhalten haben.
(Lacht) Das klingt so, als hätte ich die ganze Zeit vorm Telefon gehockt und auf den Anruf gewartet. Aber so war es nicht. Mein Demoband ist ja von meiner Agentur auch an andere Produktionsfirmen verschickt worden. Und so habe ich in der Zwischenzeit auch andere Sachen gedreht und Theater gespielt. Aber ja, irgendwann haben die halt bei RTL einen Türken gesucht und haben dann mein Tape wieder ausgebuddelt.
Oliver Petszokat, der ebenfalls lange bei GZSZ war und jetzt einen Laden für Hundefutter betreibt, hat mal gesagt, berühmt zu sein ist gar nicht so toll, wie immer alle denken. Wie sehen Sie das?
Ich finde es auch nicht erstrebenswert, berühmt zu sein. Ich bin gerne privat, gebe auch nicht so gerne Interviews und werde ungern erkannt. Werde ich es doch und die Leute freuen sich, mich zu treffen, freut es mich natürlich auch. Obwohl man weiß, dass sie ja nur den Tayfun aus der Serie meinen. Ich finde es halt komisch, für eine Rolle gelobt zu werden. Immerhin tragen so viele Leute am Set dazu bei, dass ich gut rüber komme. Das bin ja nicht nur ich alleine.
Sie haben einen öffentlichen Facebook-Auftritt. Pflegen Sie den selbst?
Ja, aber ich muss gestehen, dass ich doch so meine Probleme damit habe, regelmäßig etwas zu posten. Manchmal fällt mir einfach nichts ein und ich denke mir: Hmm, soll ich jetzt etwa schon wieder ein Selfie machen? Aber es macht Spaß und manchmal gibt es auch Tage, an denen ich sämtliche Fan-Nachrichten beantworte. Selbst, wenn es nur ganz kurze sind.
Haben Sie privat Kontakt zu GZSZ-Kollegen?
Na ja, wir sehen uns ja jeden Tag am Set. Da muss man sich eigentlich nicht nach der Arbeit auch noch auf ein Bier treffen. Aber jetzt, wo ich nicht mehr dabei bin, werde ich mit Sicherheit noch Kontakt zu einigen aufrecht erhalten, wie Felix (van Deventer, spielt Jonas), Thommy (Drechsel, spielt Tuner) oder Mustafa (Alin, spielt Mesut). Linda (Marlen Runge, spielt Anni), Philip (Christopher, spielt David Brenner) und Nadine (Menz, spielt Ayla) sind quasi meine Nachbarn. Außerdem mit Kollegen, die nicht vor der Kamera stehen.
Apropos Feierabendbier. Wann hatten Sie Ihren letzten Kater?
Am Morgen nach meinem Abschied. Ansonsten bin ich nicht so trinkfest und gehe selten aus. Ich bin nicht so der Partylöwe. Aber vor ein paar Jahren bin ich mit einem Kollegen im Sommer abends in einem Beachclub versackt. Plötzlich merkten wir, dass es schon früher Morgen war und wir ja schon bald wieder drehen musste. Also sind wir nur kurz nach Hause, haben geduscht und sind dann völlig übermüdet ans Set gefahren. Zum Glück hatte ich einen Außendreh und konnte die Sonnenbrille auflassen. Außerdem hatte ich nicht so viele Szenen. Trotzdem war es ziemlich hart. Aber mein Kollege hatte deutlich mehr zu kämpfen (lacht).
Was war Ihre bislang schlimmste Erfahrung beim Dreh?
Richtig schlimm war eigentlich noch gar nichts. Was ich aber gar nicht mag, ist Kälte. Wir drehen ja immer acht Wochen im voraus. Also wenn in der Serie Frühling ist, ist in Wirklichkeit noch Winter. Und dann muss man bei Minusgraden im Februar die Ärmel hochkrempeln und so tun, als ob es warm sei. Wenn dann noch eine Szene mehrfach gedreht werden muss und ich die ganze Zeit friere, kann ich auch schon mal die Geduld verlieren. Was auch nervt, ist eine Kollegenüberdröhnung. Also, wenn man über einen ganz langen Zeitraum mit immer der gleichen Person spielen und womöglich streiten muss. Irgendwann denkt man sich: Boah, ich kann die jetzt langsam echt nicht mehr sehen (lacht).
Was macht Sie denn sonst noch wütend?
Wenn Menschen pauschalisieren. Neulich habe ich drei älteren Damen zugehört, die sich unterhielten. Eine von denen meinte dann: 'Nein, das ist bei den Türken aber so, dass Männer und Frauen in getrennten Räumen sitzen'. Am liebsten hätte ich die mal zur Seite genommen und aufgeklärt. Mich ärgert es, wenn jemand so eine Halbwahrheit verbreitet und die anderen das dann auch noch glauben.
Ihre Eltern sind Türken, Sie selbst sind aber in Deutschland geboren und aufgewachsen. Was würden Sie sagen, ist an Ihnen deutsch und was türkisch?
(Überlegt) Hmm ... Gute Frage. Ich würde sagen, es geht nichts über die türkische Küche. Die liebe ich über alles. Da kommt die deutsche nicht ran. Und typisch deutsch ist wohl meine Pünktlichkeit. Ansonsten habe ich es nicht so mit Nationalitäten. Wir sind alles Menschen. Punkt.
Wo wir schon bei der Türkei sind: Was sagen Sie eigentlich zum Böhmermann-Skandal?
Man sagt ja, Satire darf alles. Aber muss man auch alles machen? Was bringt es, jemanden wie Erdogan zu beleidigen? Mach das doch lieber mit "GZSZ", wir können über uns selbst lachen (lacht). Und nicht mit einem Staatsoberhaupt eines Landes, in dem eine völlig andere Sensibilität für solche Dinge herrscht. Das war doch völlig kontraproduktiv und nicht harmoniefördernd. Viel verwunderlicher finde ich aber, dass der Sender das einfach so durchgewunken hat. Wenn ich im zum Beispiel vor laufender Kamera im Mauerwerk zwei Wodka-O bestellen würde, fände das der Regisseur vielleicht noch witzig. Aber spätestens bei der Abnahme würde das wieder rausfliegen. Beim ZDF gab es offenbar niemanden, der gesagt hat: Ist lustig, aber ich glaube, wir lassen das lieber bleiben. Nicht, dass du noch Polizeischutz benötigst (lacht).
Wenn Sie nicht Schauspieler geworden wären, welchen Beruf hätten Sie dann gewählt?
Manchmal, wenn ich irgendwo einen Gärtner sehe, denke ich so bei mir: Das ist doch ein schöner Beruf. Den ganzen Tag draußen in der Natur, Blumen und Bäume pflanzen und was mit seinen Händen schaffen. Aber ich liebe auch das Wasser und die Weite. Von daher könnte ich mir mich auch gut als Barkassenführer im Hafen vorstellen. Morgens mit 'nem Kaffee in der Hand an Deck stehen und den ganzen Tag die Elbe entlang schippern. Das stelle ich mir sehr entspannt vor.
Sie leben in Berlin. Ihre Eltern und Ihr Bruder in Hamburg. Wie oft sehen Sie sich?
Wir haben regelmäßig Kontakt. Meine Eltern besuche ich so einmal im Monat. Meinen Bruder ("Orange Blue"-Sänger Volkan Baydar) sehe ich seltener, weil er mit seiner Musik viel unterwegs ist. Aber wir haben ein gutes Verhältnis und da wird auch nie etwas zwischen uns kommen.
Wünschen Sie sich selbst mal eine Familie?
In meiner Zeit bei "GZSZ" hätte ich mir das nie vorstellen können. Da war es schon schwierig, eine Beziehung zu führen. Mittlerweile hat sich das geändert. Aber es steht jetzt nicht ganz oben auf meiner Prioritäten-Liste.