Kanye West und Adidas – was war knapp ein Jahrzehnt lang eine für beide Seiten hochprofitable Verbindung: Der Sportartikelhersteller vertrieb die von dem Rapper entworfene Kollektions-Linie Yeezy und setzte Milliarden um. Die Beziehung hätte ewig so andauern können, doch spätestens nachdem West wiederholt mit antisemitischen Äußerungen für Empörung gesorgt hatte und von anderen Geschäftspartnern fallen gelassen wurde, musste auch der deutsche Konzern die Reißleine ziehen. Am 25. Oktober 2022 beendete Adidas die Zusammenarbeit.
Schon da gab es Kritiker, die dem Unternehmen vorwarfen, die Eskapaden Wests viel zu lange toleriert zu haben. Eine ausführliche Recherche der "New York Times" legt nun das Ausmaß des Wegsehens offen. Und zeichnet ein Bild, das für die Marke mit den drei Streifen alles andere als vorteilhaft ist.
Kanye West fiel wiederholt negativ auf
Bereits ganz zu Beginn der gemeinsamen Zusammenarbeit fiel der Rapper mit Entgleisungen auf. So soll West 2013 bei seinem Besuch in der Konzernzentrale im fränkischen Herzogenaurach mit einem Filzstift ein Hakenkreuz auf einen Schuh gemalt haben – um zum Ausdruck zu bringen, wie beleidigend er die Entwürfe empfinde.
Das war jedoch kein Ausrutscher. Wie die "New York Times" schreibt, leistete sich der Künstler im Laufe der Jahre immer wieder antisemitische und sexuell ausfällige Kommentare. Adidas ließ ihm das durchgehen – das Geschäft lief einfach zu gut.
Viele der in dem Artikel aufgeführten Vorwürfe sind bekannt – etwa, dass West Adidas-Mitarbeitern während eines Business-Meetings ein Porno-Video vorspielte, angeblich um die Kreativität zu steigern.
Adidas ließ es lange geschehen
Andere Vorgänge waren in der Form noch nicht bekannt und sind verstörend. So soll West einem jüdischen Adidas-Manager empfohlen haben, jeden Tag das Bild Adolf Hitlers zu küssen.
All das konnte über Jahre geschehen, ohne dass Adidas eingegriffen hat. Erst als der öffentliche Druck zu groß wurde, zog man Konsequenzen: "Adidas duldet keinen Antisemitismus und jede andere Art von Hassrede", ließ man damals verlautbaren. Weder aktuelle noch ehemalige Führungskräfte von Adidas wollten sich auf Nachfrage der "New York Times" äußern. Der Konzern lehnte eine Interviewanfrage ab. Immerhin eine Erklärung gab Adidas ab: Man habe "keine Toleranz für Hassreden und beleidigendes Verhalten, weshalb das Unternehmen die Adidas Yeezy-Partnerschaft beendet hat."
100 Jahre Adidas – vom Ziegenleder-Sprintschuh zu Kult-Sneakers

Doch auch nach dem Ende der Zusammenarbeit profitiert der Sportartikelhersteller von der gemeinsamen Zeit: Denn die Lager waren voll mit bereits produzierten Yeezy-Schuhen. Die warf Adidas in diesem Jahr auf den Markt. Die erste Verkaufsrunde lief so gut, dass der Konzern im Sommer seine Prognose für das laufende Jahr heraufsetzte.
Zwar hatte Adidas-Chef Bjørn Gulden zuvor angekündigt, einen "signifikanten" Teil der Erlöses an Organisationen zu spenden, die sich gegen Diskriminierung, Rassismus und Antisemitismus einsetzen. Den Aktionären war es egal: Die Adidas-Aktie stieg. So beschert Kanye West auch im Jahr nach dem Ende der Zusammenarbeit noch Geld.
Quellen: "New York Times", "Tagesschau"