Ein sonniger Tag in der malerischen Altstadt von Windsor, die Straßen gesäumt von gut gelaunten Menschen, Picknickkörbe, Fähnchen, Vorfreude: Es ist noch keine drei Jahre her, dass die Briten die Amerikanerin Meghan Markle bei deren Hochzeit mit Prinz Harry als neues Mitglied der Königsfamilie feierten. Jetzt ist die Stimmung eine andere. Harry und Meghan haben sich von ihren royalen Pflichten getrennt, leben mit Sohn Archie in Kalifornien. Am Sonntag wollen sie in einem TV-Interview mit Oprah Winfrey über die Gründe dafür sprechen. "Schockierende Dinge" sollen laut einem ersten Teaser zur Sprache kommen, der Palast soll sehr verärgert sein und reagiert mit ungewohnter öffentlicher Einmischung. Eine royale Schlammschlacht ist in vollem Gange, bei der bisher keiner eine gute Figur abgibt. Die entscheidende Frage ist deshalb: Wer profitiert davon?
Für Harry und Meghan geht es um Freiheiten, Kontrolle - und vor allem um sehr, sehr viel Geld. Es ist sicher kein Zufall, dass Oprah Winfrey kostenlos auf Instagram ein veganes Kaffeepulver bewarb, in das Meghan investiert hat und diese nun gratis bei Winfrey plaudert. Das Interview gibt den Startschuss zu Harrys und Meghans Hollywood-Karriere, lukrative Deals mit Spotify und Netflix sind bereits unterschrieben. Wäre das bei Hofe möglich gewesen? Natürlich nicht. Weil Harry und Meghan jedoch nicht die Karriere, sondern oft die Negativberichte der Presse als Grund für ihren Rückzug anführen, wirkt der Gang zu Oprah zumindest verdächtig.

Harry und Meghan könnten ein ruhiges Leben fernab der Krone führen - wollen sie aber nicht
Es ist auch schwer verständlich, dass das Paar sich ausgerechnet im kalifornischen Promi-Hotspot Montecito niederließ, wo die Paparazzi täglich unterwegs sind. Ein Skandalinterview anzukündigen, ohne die Königsfamilie vorher davon zu informieren, ist auch nichts, was die Presse fern hält. Hinzu kommt, dass Meghan gerade ihr zweites Kind erwartet, es also noch mehr Gründe für ein ruhiges Leben fernab der Öffentlichkeit gäbe. Das wäre sofort möglich, denn ausgesorgt haben die beiden so oder so. Wirklich Ruhe wollen sie aber nicht.
Die englische Presse liefert dem Paar weiter treu Argumente: Über Harry aber vor allem Meghan ergießen sich seit Wochen Hass-Tiraden, die die Flucht des Paares aus England nur allzu verständlich machen. Rassistische Schlagzeilen gegen Meghan waren außerdem schon vor der Hochzeit ein Problem. Dass mit "The Times", die Mobbing-Vorwürfe gegen Meghan öffentlich machte, nun auch ein renommiertes Blatt gegen das Paar schießt, ist allerdings neu. Der Palast reagierte überraschend darauf und kündigte an, die Vorfälle untersuchen lassen zu wollen. Das Statement wurde als Kriegserklärung an die Sussexes gewertet. Die wehrten sich prompt: Man wolle ein schlechtes Licht auf Meghan werfen, der Palast verbreite Unwahrheiten. Es sind ziemlich krasse Anschuldigungen, die man so ähnlich seit Prinzessin Dianas Skandal-Interview 1995 nicht mehr gehört hatte.
Der Palast hat Sorge um die Monarchie
Warum aber mischt sich der Buckingham Palast plötzlich ein? Für die Royals geht es um nichts Geringeres als den Erhalt der Krone. Jedes Königsmitglied, das aus der Reihe tanzt und sich nicht der Tradition stellt, ist eine potenzielle Gefahr für die Monarchie. Dass der Palast sich zu einem Statement bezüglich der Mobbing-Vorwürfe hat hinreißen lassen, ist allerdings denkbar ungeschickt. Denn umso deutlicher wird die Tatsache, dass andere Dinge jahrelang unter den Teppich gekehrt wurden. Die weitaus schlimmeren Vorwürfe gegen Prinz Andrew - er war mit dem Sexualstraftäter Jeffrey Epstein befreundet, soll mit einer minderjährigen Prostituierten geschlafen haben - bleiben bis heute nicht untersucht. Dabei wäre es hier weitaus angebrachter, auf das Schweigen zu verzichten. Die Flucht nach vorne scheint nach hinten loszugehen.
Die traurige Bilanz: Die Krone wackelt und Harry und Meghan stehen alleine da
Die Bilanz des Streits bisher ist traurig: Der Palast hat sich durch die Einmischung kleiner gemacht als üblich, indem er mit seiner langjährigen Schweige-Tradition brach und so vor einem Paar einknickte, das noch keine drei Jahre auf dem royalen Parkett tanzte. Als Diana damals über "die Firma" auspackte, saß man das noch erfolgreich aus. Dass bei Hofe offenbar die Angst herrscht, dieses Mal nicht so glimpflich davon zu kommen, lässt tief blicken.
Harry und Meghan hingegen werden zwar mit weitaus mehr Geld und Kontrolle aus der Sache hervorgehen, dafür stehen sie mittlerweile fast komplett ohne familiäre Bande da. Was persönliche Beziehungen angeht, hinterlassen sie überall verbrannte Erde. Denn auch zu Meghans Familie ist das Verhältnis schwierig. Mit ihrem Vater und ihren Halbgeschwistern hat sie den Kontakt abgebrochen, nur mit Mutter Doria soll das Verhältnis gut sein. Keine schöne Situation für ein Paar, das gerade selbst die eigene Familie vergrößert.
Momentan sieht es so aus, als könne es auf allen Seiten nur Verlierer geben. Dass sie das irgendwann erkennen und das Kriegsbeil begraben, ist allen Beteiligten zu wünschen. Denn am Ende sind auch die Royals nichts anderes als eine stinknormale Familie mit Problemen.