Rezession in der Schönheitschirurgie Echte Falten statt falscher Brüste

  • von Frank Siering
Makellose Schönheit hat ihren Preis und den möchten viele potentielle Patienten in mageren Zeiten nicht mehr zahlen
Makellose Schönheit hat ihren Preis und den möchten viele potentielle Patienten in mageren Zeiten nicht mehr zahlen
© Colourbox
Amerika durchlebt wirtschaftlich harte Zeiten und selbst in Hollywood wird gespart. Vor allem an Schönheitsoperationen: keine Botox-Kuren mehr, keine Fettabsaugerei, keine Brustveränderungen. Nicht wenige aber begrüßen die Rückkehr der Falten und danken George W. Bush dafür.

Goldy Anthony hatte sich den Termin immer dick angestrichen im Terminkalender. Alle sechs Wochen traf sich die wohlhabende Immobilienmaklerin aus Los Angeles mit drei Freundinnen beim Arzt, um sich einen kleinen "moralischen Booster" zu gönnen. Ein bisschen Botox, ein bisschen Juvederm. Nach der Erfrischungskur luden sich die Damen dann meist zum wohlverdienten Dinner in einem der Nobelrestaurants von Beverly Hills ein.

Aus, vorbei. Die Botox-Party steigt nicht mehr. Rezession, "Sub-Prime Kreditkrise" und absackende Immobilienpreise haben den Damen den Spaß verdorben. Und sie stehen nicht alleine da. Überall im Land beklagen Schönheitschirurgen und Ärzte schlechte Geschäfte. Kein Wunder: Kostet die kleine Botox-Kur in Beverly Hills doch mal eben 1800 Dollar. "Das kann ich mir im Moment einfach nicht leisten", sagt Anthony.

Die Brüste müssen derzeit bleiben wie sie sind

Plötzlich bricht eine bis dato florierende Industrie ein. Die Ärzte reden nur ungern über dieses Thema, aber hinter den Kulissen fallen sie in kollektives Jammern. Eine führende Firma für Brustimplantate musste unlängst zugeben, dass ihre "Aufträge" für Brustveränderungen landesweit zurückgegangen sind. Und auch Richard D'Amico, immerhin Präsident der American Society of Plastic Surgeons, bestätigte in einem Interview mit der "Los Angeles Times", dass die US-Schönheitschirurgen über ihre "stagnierenden Geschäfte klagen".

In einer Zeit, da Millionen von Familien Angst haben müssen, ihre Eigenheime zu verlieren, gibt es plötzlich auch für die Hollywoodianer andere Sorgen, als sich die Nase richten oder die Lippen ein bisschen voller spritzen zu lassen.

Die Schönheitschirurgie ist eine Industrie in den USA, die Milliarden von Dollar umsetzt. Allein im vergangenen Jahr investierten Stars und Sternchen, Schönheitsfanatiker und eitle Hausfrauen mehr als zwölf Milliarden Dollar für Fettabsaugen, Aufspritzen und Brustimplantate. Die fast gleiche Summe wurde noch einmal für Krankenschwestern, Betäubungsmittel und andere Materialien ausgegeben. Angefeuert durch jubelnde Reality-Shows, die die Eingriffe bewerben wie ein Aktionär die Versteigerung von prominenten Bildern.

Goldgräberstimmung in Europa

Die American Society of Plastic Surgeons führt keine monatlichen Statistiken. Aber Präsident D'Amico konnte beobachten, dass die komplizierteren Operationen, wie zum Beispiel Fettabsaugen am Bauch oder Gesichtsstraffungen, schon im vergangenen Jahr einen Rücklauf verzeichneten. Eine Situation, in der sich die US-Chirurgen plötzlich für Good Old Europe interessieren, in der Hoffnung, dass der starke Euro über den schrumpeligen Dollar hinweghelfen könnte. "Beverly Hills ist immer noch das Mekka, wenn es um Schönheitschirurgie geht", sagt Stuart Linder, der sich auf Brust-Operationen spezialisiert hat. "Zu mir kommen Patienten aus der ganzen Welt. Viele verbinden einen Urlaub in Hollywood mit dem Eingriff", erzählt der Chirurg. Aber auch Linder beobachtet besorgt, dass viele seiner Kollegen im ersten Quartal 2008 einen Besucherrückgang von bis zu 40 Prozent zu verzeichnen hatten.

Was also tun die Hollywoods Ärzte, damit aus Lach- keine Sorgenfalten werden? Sie diversifizieren, wenden weniger kostenaufwendige Operationen an und machen Eingriffe, die von der Krankenversicherung getragen werden. Jude Wade ließ sich vor zwei Jahren scheiden und sparte von dem Tage an für einen Face-Lift. Die Straffung ihrer Gesichtshaut sollte ihr Sozialleben wieder ankurbeln. Aber nun zögert die 66-Jährige doch, die 29.000 Dollar auszugeben. "Unserer Wirtschaft geht es schlecht, gleichzeitig steigen die Lebenserhaltungskosten. Ich glaube, dass ich im Moment mit meinen Falten weiterleben muss", erklärt sie. Braucht es also erst eine Rezession, damit die Menschen in Würde altern, wie einige Zyniker bemerken. Late Night Talker David Letterman jedenfalls zollt dem Präsidenten George W. Bush seinen Dank: "Er hat uns in diese ökonomische Krise gesteuert. Und zum Dank kriegen wir jetzt endlich wieder Falten ins Gesicht. Das ist doch auch eine nette Legendenbildung. Präsident Bush, der Faltenmacher!"

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