Lange vor der "Jamaika-Koalition" war die "Dänen-Ampel" großes Thema. Vor einem Jahr, nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein, wurden Sie und Ihre kleine Partei berühmt-berüchtigt ...
Also, das waren wirklich lehrreiche Wochen. Es war ja nicht unser Wahlziel, zum Zünglein an der Waage zu werden. Aber als es dann in der Wahlnacht immer enger wurde, haben wir uns gesagt: Damit muss man arbeiten.
Klingt ziemlich locker.
Was dann auf uns zukommen würde, war nicht abzusehen. Es wurde aus allen Rohren auf uns gefeuert, wir wurden mit aggressiven Mails bombardiert, von Bundespolitikern massiv unter Druck gesetzt, es gab Morddrohungen, ich bekam Polizeischutz.
Zur Erinnerung: CDU/FDP hatten 34 Sitze, Rot-Grün nur 33, und Ihr SSW hatte zwei. Sie wollten eine Minderheitsregierung tolerieren, obwohl Sie selbst nur im Landtag sitzen, weil Sie als Minderheit nicht an die Fünf-Prozent-Hürde gebunden sind ...
Wir haben ein voll gültiges Mandat, und die Mehrheit war bei 35 Stimmen, Punkt. Außerdem war immer klar, dass wir eine Minderheitsregierung tolerieren würden. Und die wäre auch besser gewesen als die große Koalition, die wir jetzt haben!
Die CDU kam schließlich an die Macht, weil ein Abgeordneter der Koalition Heide Simonis viermal durchfallen ließ. Wer war der Heidemörder?
Ich könnte ein Vermögen verdienen, wenn ich das wüsste. Eines kann ich aber sagen: Ich war es nicht! Ich lese zwar gern Krimis, aber eine Masochistin bin ich nicht.
Zur Person
Anke Spoorendonk, geboren 1947 in Busdorf bei Schleswig, studierte bis 1976 Geschichte und Germanistik in Kopenhagen. Dann arbeitete sie 20 Jahre als Studienrätin am dänischen Gymnasium Duborg-Skolen in Flensburg. Ihrem Vater, der in Schleswig bereits als Ratsherr für den SSW aktiv war, folgte sie 1990 als Kreistagsabgeordnete in die Politik. Seit 1996 sitzt sie als eine von aktuell zwei Abgeordneten des SSW im Landtag. Anke Spoorendonk ist verheiratet, hat zwei Kinder und fünf Enkel.
Wie ist Ihr Verhältnis zu Ministerpräsident Carstensen heute?
Ganz ausgezeichnet. Der Ministerpräsident geht auf die Leute zu, ist sehr sympathisch - ein Launebär. Und uns haben jetzt auch alle wieder lieb. Die Macht ist ja schließlich wieder weg.
Die SPD hat Ihnen für Ihre Stimmen damals viel angeboten. Heute sitzen Sie zu zweit in der Opposition, da klappert der Beifall ziemlich dünn ...
Das ist für uns nichts Neues. Was allerdings anders ist: Wir haben es jetzt mit einer Großen Koalition zu tun. Da wird hinter verschlossenen Türen gekungelt und das Parlament geschwächt. Warten Sie ab - das kommt in Berlin genauso.
Eigentlich sind Sie für eine Partei der dänischen Minderheit eine ziemliche Mogelpackung. Ohne dänische Wurzeln, in Deutschland geboren, und Spoorendonk ist der Name Ihres holländischen Mannes ...
Ohoho, sehen Sie sich vor! Sonst halte ich Ihnen einen langen, minderheitenpolitischen Vortrag. Ich bin zwar in Deutschland geboren, aber mit der dänischen Kultur und Sprache aufgewachsen. Die Bonn-Kopenhagener Erklärung fasst zusammen: Minderheit ist, wer will. Und das in den 50er Jahren!
Zum Stichwort Toleranz tobt in und um Dänemark derzeit ein besonders rauer Sturm.
Also, was die Karikaturen angeht: Hier haben wir es mit instrumentalisierter Gewalt zu tun, die man nicht dulden darf. Aber auch die "Jyllands-Posten" hätte sich wirklich überlegen können, ob die Pressefreiheit ausgerechnet anhand eines solch sensiblen Themas demonstrierte werden musste.
Während Sie Politik machen, führt Ihr Mann den Haushalt. Lässt Ihnen das Zeit für Hobbys?
Wenig. Aber wenn ich Gelegenheit habe, befasse ich mich mit lokalhistorischen Projekten - ich bin schließlich Historikerin. Ansonsten wühle ich im Garten oder bin gelegentlich praktizierende Oma von fünf Enkelkindern. Sie sind schließlich unsere Zukunft!
Interview: Christoph Wirtz