Ministerpräsidenten-Wahl Carstensen erhält auch Oppositions-Stimme

Dass CDU-Landeschef Peter-Harry Carstensen wieder zum Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins gewählt wurde, war keine Überraschung. Doch er erhielt auch eine Stimme aus den Oppositionsreihen. Nach der Wahl wollte es aber niemand gewesen sein.

Vier Wochen nach der Landtagswahl in Schleswig-Holstein ist CDU-Chef Peter Harry Carstensen als Ministerpräsident wiedergewählt worden. Bei der konstituierenden Sitzung des Landtags bekam Carstensen am Dienstag bei der Wahl zum Regierungschef eines schwarz-gelben Bündnisses auch eine Stimme aus der Opposition. Nach der harten Auseinandersetzung im Wahlkampf schlug er zum Amtsantritt versöhnliche Töne an.

Für Carstensen stimmten 50 Abgeordnete und damit mindestens einer aus den Reihen der Opposition von SPD, Grünen, Linken und Südschleswigschem Wählerverband (SSW), da CDU und FDP im Parlament nur über 49 Sitze verfügen. Gegen den CDU-Chef votierten 45 Parlamentarier. Carstensen sagte danach in seiner Antrittsrede, er sei "glücklich und tief bewegt". Am Rande der Sitzung wertete er die Stimme aus der Opposition als "außerordentlich starkes Zeichen" und eine "Aufforderung zum Arbeiten".

Torsten Geerdts neuer Landtagspräsident

Carstensen bot zudem allen Parteien im Parlament die Zusammenarbeit an. Nach der harten politischen Auseinandersetzung im Wahlkampf reiche er allen Schleswig-Holsteinern und auch allen Kollegen im Parlament die Hand, sagte der alte und neue Regierungschef. Die Abgeordneten hätten eine gemeinsame Verantwortung für das Land.

Vor der Wahl Carstensens war der CDU-Abgeordnete Torsten Geerdts zum neuen Landtagspräsidenten gewählt worden. Er erhielt 88 Ja-Stimmen. Vier Abgeordnete stimmten gegen ihn, drei enthielten sich. Geerdts rief dazu auf, im Landtag eine politische Kultur und Streitkultur zu pflegen, die dem Land würdig sei.

Derselbe Abweichler wie bei der Simonis-Pleite?

Vertreter aller Oppositionsfraktionen betonten auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur, die zusätzliche Stimme für Carstensen sei nicht aus ihren Reihen gekommen. "Ich schließe das für meine Fraktion aus", sagte Grünen-Fraktionschef Robert Habeck. "Nein, von uns auf keinen Fall", betonte Anke Spoorendonk vom SSW. "Es ist die gleiche Stimme wie vor vier Jahren." Spoorendonk spielte damit auf jenen in der SPD vermuteten Abweichler an, der Heide Simonis bei der Ministerpräsidentenwahl am 17. März 2005 die Stimme verweigerte und sie damit scheitern ließ.

SPD-Fraktionschef Ralf Stegner sagte, man könne vergessen, dass ein Sozialdemokrat diesen Ministerpräsidenten wähle. "Die Wahrscheinlichkeit liegt bei Null." Für die Linke sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Uli Schippels: "Wir waren's nicht".

Regierung nur auf Grund des Wahlrechts

Die Landespolitik im Norden hat damit ein neues Rätsel. "Erstmal müssen wir mal aufklären, wer es vor viereinhalb Jahren gewesen ist, dann können wir uns Gedanken darüber machen, wer es diesmal gewesen ist", meinte Carstensen, der von der Abweichler-Stimme profitierte.

CDU und FDP hatten bei der Wahl am 27. September eine knappe Mehrheit errungen. Union und Liberale verfügen zwar über drei Sitze mehr im Parlament als die übrigen Parteien zusammen, nach ihrem Zweitstimmenanteil hätten die beiden Koalitionspartner dagegen keine Mehrheit. Hintergrund ist das komplizierte schleswig-holsteinische Wahlrecht, das neben Überhang- auch Ausgleichsmandate kennt.

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AFP/DPA