WAS MACHT EIGENTLICH... René Weller

Der ehemalige Box-Champion verbüßt seit 1999 eine Haftstrafe - wegen Drogenhandels, Hehlerei und unerlaubten Waffenbesitzes.

Der ehemalige Box-Champion verbüßt seit 1999 eine Haftstrafe - wegen Drogenhandels, Hehlerei und unerlaubten Waffenbesitzes.

Zur Person:


Mit seiner früheren Lebensgefährtin hat der 48-Jährige zwei Kinder: Tochter Kim, 20, und Sohn Tim, 16. Weller gelang 1977 der internationale Durchbruch als Boxer mit dem Gewinn der Bronzemedaille im Leichtgewicht bei der Europameisterschaft. 1984 holte er sich in derselben Klasse den EM-Titel, den er fünfmal verteidigte, wie 1988 gegen José Maillot. Nachdem Weller bereits 1980 und 1994 wegen Betrugs und Hehlerei Geldstrafen zahlen musste, wurde er 1999 unter anderem wegen Kokainhandels zu sieben Jahren Haft verurteilt, die er in der JVA-Heimsheim absitzt.

Herr Weller, wie schön fühlen Sie sich derzeit?

Ich bin nicht mehr schön, ich bin interessant. Kürzlich habe ich alte Bilder von mir gesehen. Damals war ich wirklich schön. Aber ich habe ja fast schon wie ein Mädchen ausgesehen.

Die maßgeschneiderten »heißen Höschen«, die Sie im Ring getragen haben, würden aber auch heute noch passen.

Sicher. Wie zu Bestzeiten wiege ich immer noch 60 Kilo. Wenn ich gerade mal nicht Leitz-Ordner kleben musste, habe ich viel trainiert, in meiner Zelle das Bett hochkant an die Wand gestellt und die Matratze als Sandsack benutzt. So kamen täglich locker 15 Runden zusammen.

Wie kommen Sie sonst im Gefängnis so über die Runden?

Mit den anderen Knackis gab es nur einmal ein kleines Problem. Unter der Dusche. Da wollte einer meine Halskette. Die hat er nicht gekriegt, musste danach behandelt werden. Das sprach sich rum, seitdem ist Ruhe.

Mithäftlinge sollen sogar Ihre Zelle putzen und für Sie kochen.

Stimmt. Fürs Putzen habe ich mit meiner Tabak-Ration bezahlt. Ein Kumpel lädt mich hin und wieder zum Essen in seine Zelle ein. Ich gebe ihm dafür Lebensmittel und spüle ab. Im Gefängnis muss man sonst schon um 11.15 Uhr zu Mittag essen. Da könnte ich mich in 100 Jahren nicht dran gewöhnen.

Was vermissen Sie denn am meisten?

Schlimm war, dass ich gerade anfangs meine beiden Kinder kaum gesehen habe. Natürlich war auch der Frauenentzug ein Hammer. Aber das ist reine Kopfsache. Ein René Weller kann am Tag sechsmal, aber auch zehn Jahre gar nicht.

Um die Langeweile auszuknocken, sind Sie unter die Dichter gegangen. Wir hören:

Hier gibt's die schlimmsten Kreaturen, doch auch viele Frohnaturen. Fast alle Gefangenen sagen mir, Scheiße, ich bin schuldlos hier. Jetzt wird mir klar, wie schön die Freiheit war. Früher Kaviar und flotte Bienen, heute schwedische Gardinen.

Beeindruckend. Was denken Sie heute über Ihre Drogengeschäfte?

Ich habe nicht gedealt, bin reingelegt worden. Von einer Schlampe, die mich als Lockvogel der Polizei überredet hat, Koksgeld in Empfang zu nehmen. Ich wollte ihr einen Gefallen tun. Ich brauche keine Drogen. Aber einer wie ich wird ja schon verurteilt, wenn er nur seine Großmutter duzt.

Das Gericht sah es als erwiesen an, dass Sie gegen Provision an fünf Deals mit insgesamt 13,5 Kilo Kokain beteiligt waren.

Da hat das Gericht sich geirrt. Aber das ist Vergangenheit, ich denke lieber positiv. Der erste Tag Ausgang im November 2000 war der Wahnsinn. Draußen bin ich erst mal durch den Wald gerannt. Laufen, laufen, nur weg. Die Freiheit genießen.

Seit einigen Wochen sind Sie Freigänger.

Tagsüber arbeite ich im Büro und Lager einer Firma, die Katalysatoren vertreibt. Ab und zu trainiere ich auch Jugendliche aus sozial schwachen Familien. Abends um acht Uhr muss ich wieder auf Zelle sein.

Am 31. Januar kommenden Jahres haben Sie zwei Drittel Ihrer Strafe verbüßt, dann könnten Sie vorzeitig entlassen werden.

Darauf hoffe ich sehr, schließlich habe ich mir hier nichts zuschulden kommen lassen. Draußen will ich versuchen, wieder einen Schmuckhandel aufzubauen, und nach Gran Canaria ziehen. Anfangs wird meine Mutter mich finanziell unterstützen. So schnell wie möglich möchte ich eine Weltreise auf einem Kreuzfahrtschiff machen.

Zurück in den Ring wollen Sie nicht?

Wenn überhaupt, dann nicht wegen Geld, sondern nur aus Spaß. Aber im Gefängnis habe ich wohl die notwendige Aggressivität verloren. Ohne Sparring, da will man keinem mehr wehtun, da geht der Killerinstinkt verloren.

Interview: Detlef Schmalenberg

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