1998 ernannte UN-Generalsekretär Kofi Annan den damaligen Bundesbauminister zum Exekutiv-Direktor des UN-Umweltprogrammes 'United Nations Environment Programme' (Unep) STERN: Herr Töpfer, als UN-Mann reisen Sie viel in der Welt herum. Wie oft liegen Sie im eigenen Bett?
TÖPFER: Im deutschen leider nur noch sehr selten. In Nairobi verbringe ich etwa 35 Prozent meiner Zeit.
STERN: Und wann sehen Sie Ihre Familie?
TÖPFER: Meine älteste Tochter hat gerade ein Praktikum in Nairobi gemacht, meine Frau kommt oft, oder ich lege in Saarbrücken einen Stopp ein. Doch die Kontakte mit Freunden leiden. In diesem Jahr war ich zum ersten Mal nicht auf un-serer traditionellen Karnevalssitzung. Das mag sich lächerlich anhören, aber so etwas vermisse ich. Auch wenn neue Erfahrungen mich entschädigen.
STERN: Welche?
TÖPFER: In einer Organisation mit Mitarbeitern aus 52 Staaten muß man sich ganz schön anpassen an andere Lebensgewohnheiten und Lebensweisheiten. Wenn man das mit 60 Jahren noch bewältigt, freut es einen.
STERN: Was ist für Sie der spannendste neue Eindruck?
TÖPFER: Afrika. Hier wird einem täglich bewußt, daß man sich nicht nur auf die Probleme der angeblich so entwickelten Industrieländer konzentrieren darf.
STERN: Als Umweltminister sprangen Sie in den Rhein. Mit welcher Aktion wollen Sie auf die Unep aufmerksam machen - schließlich finanziert sie sich durch freiwillige Beiträge der UN-Staaten?
TÖPFER: Mit keiner spektakulären Aktion, sondern mit verläßlicher Arbeit. Ich würde auch nicht mehr in den Rhein springen. Das sind Jugend-sünden, die man hoffentlich abgelegt hat.
STERN: Was war Ihr größter Erfolg als Unep-Chef?
TÖPFER: Bisher würde ich von großen Erfolgen gar nicht sprechen. Gut ist, daß wir in globalen Umweltfragen wieder als vertrauenswürdiger Partner gelten - die Aufgaben globaler Umweltpolitik sind dramatisch.
STERN: Und der größte Mißerfolg?
TÖPFER: Der Umstieg vom Minister eines wichtigen Mitgliedsstaates zum Service-Mann der UN. Weil ich gewohnt war, nationale Interessen voranzutreiben, habe ich anderen nicht genügend zugehört.
STERN: Sie waren ein leidenschaftlicher Umzugsbeauftragter. Jetzt gehen die alten Kollegen nach Berlin. Neidisch?
TÖPFER: Ich bin ganz sicher, daß meine Frau und ich auch noch nach Berlin umziehen, wenn wir noch ein paar Tage gesund bleiben. Dann können wir uns an dieser großartigen Stadt freuen.
STERN: Träumen Sie davon, Berlins Regierender Bürgermeister zu werden?
TÖPFER: Nein. Wer sich überlegt, was er sonst noch machen könnte, macht seinen gegenwärtigen Job schlecht.
STERN: Aber irgendwann könnten Sie ja auch einen guten Bürgermeister-Job machen.
TÖPFER: Ich will die globale Umweltpolitik vernünftig machen. Alles andere ist nicht mehr mein Ziel.
STERN: Sie sind begeisterter Skatspieler. Haben Sie schon neue Partner gefunden?
TÖPFER: Ich war schon mehrmals eingeladen, habe es aber nie geschafft. Wenn ich Zeit habe, fahre ich raus und bin mit mir und dieser unglaublichen Natur alleine. Mich beeindruckt die Weite. Das Land ruht in sich selbst.
STERN: Wie oft nehmen Sie sich Zeit für solche Ausflüge?
TÖPFER: So acht-, zehnmal war ich schon im Inneren des Landes. Oder ich besuche die Benediktinerabtei bei Nairobi. Hinterher hat man wieder ein ganz anderes Verhältnis zu Kirche und Gottesdienst. Wenn ich in Deutschland geblieben wäre, hätte ich das nie gemacht.