Psychotherapeutin analysiert Sechs typische Verhaltensweisen, toxische Beziehungen zu entschuldigen

toxische Beziehung
In einer toxischen Beziehung findet man häufig Ausreden für das Verhalten des Partners
© IMAGO / Pond5 Images
Menschen, die toxisches Verhalten in einer Beziehung tolerieren, finden meist einen Haufen an Ausreden, warum sie dies tun. Eine Expertin erklärt die sechs häufigsten Entschuldigungen.

Der Grundstein für eine erhöhte Toleranz toxischem Verhalten gegenüber wird meist in der Kindheit gelegt. Wenn ein Mensch schon in frühen Jahren Erfahrung mit ungesunden Beziehungsmustern gemacht hat, fällt es ihm in der Regel als Erwachsener ebenfalls schwer, die Grenzen von gesundem zu ungesundem Verhalten des Gegenübers zu erkennen. Schnell rutscht man in toxische Beziehungen, verschiebt seine eigenen Grundsätze und fängt an, das schädliche Verhalten des Partners zu rechtfertigen oder gar zu entschuldigen. 

Die Psychotherapeutin Kaytee Gillis konnte sechs typische Verhaltensmuster in ihrer Arbeit herauskristallisieren, wie Opfer toxischen Verhaltens dieses häufig vor ihren Mitmenschen begründen. Gerade in Beziehungen und wenn innige Gefühle im Spiel sind, neigt der Mensch dazu, nachsichtiger zu sein und mehr zu verzeihen. Doch je nach Schweregrad und Häufigkeit kann das Verschieben der eigenen Grenzen psychische Folgen für einen selbst haben. Denn extrem toxische Partner, wie beispielsweise Narzissten, kennen keine Grenzen und werden vom Gegenüber nehmen, bis kaum noch etwas über ist, aber so gut wie nie geben. 

Diese sechs Verhaltensweisen wiesen Opfer toxischer Beziehungen häufig auf

Intellektualisieren
"Er oder sie hatte einen schweren Tag", "Er oder sie benimmt sich so, weil als Kind etwas Schlimmes passierte", "Es ist nur eine Phase": Sätze wie diese empathisieren das Verhalten des toxischen Partners. Durch eine überschießende Form des Mitgefühls und eine Art Hobby-Psychologie begründet der geschädigte Partner, warum mit ihm ungesund umgegangen wurde und findet in derartigen Argumentationen eine Rechtfertigung. 

Desensibilisieren
"Es war gar nicht so schlimm", "Ach, das empfindest du schlimmer, als es ist", "Naja, immerhin macht er nicht dies oder das, was schlimmer wäre", Menschen, die in einer Partnerschaft zu derartigen Antworten auf eine ungesunde Situation neigen, desensibilisieren die Situation. Opfer häuslicher Gewalt verwenden öfters derartige Formulierungen. 

Leugnen
Sollte es Zeugen einer toxischen Situation innerhalb der Beziehung geben und jemand von außen darauf Bezug nehmen, passiert es häufig, dass Opfer die Situation leugnen und verfälschen. "So war es gar nicht", "Er oder sie war gar nicht wütend, nur ein wenig genervt" oder "Das hast du falsch wahrgenommen", sind Sätze die fallen, wenn der andere sich nicht mit der Situation auseinandersetzen will oder Probleme hat, die Wahrheit zu sehen.

Akzeptanz und Resignation
Nicht selten kommt es vor, dass ein Partner in einer toxischen Beziehung sich den ungesunden Mustern hingibt und diese akzeptiert oder resigniert. Manchmal wird hier emotionaler Missbrauch hingenommen und als "die Aufgabe" oder "die Rolle innerhalb der Beziehung" angenommen. 

Vorauseilender Gehorsam
Eine Verhaltensweise in einer toxischen Beziehung, mit der das Elend kaschiert werden soll, kann der vorauseilende Gehorsam sein. Schnell das Haus einmal mehr putzen, bevor er oder sie nach Hause kommt und einen erneut schlecht behandelt. Oder die kontinuierliche Suche nach Dingen, die den anderen erfreuen könnten, nur um die Gefahr zu mindern, erneut schlecht behandelt zu werden.

Schuldzuweisung
Manch ein Opfer in einer toxischen Beziehung sucht die Schuld bei sich. "Wenn ich doch nur die Schuhe nicht erneut im Flur stehen gelassen hätte, wäre er oder sie nicht wütend geworden", um nur ein Beispiel zu nennen. Opfer emotionaler und körperlicher Gewalt neigen dazu, sich selbst die Schuld für alles zu geben und "nicht gut genug" für die Beziehung zu sein in ihrer Empfindung.

Die Psychotherapeutin Gillis gibt in dem Magazin "Psychology Today" Ratschläge, mit welchen Tricks man sein Verhalten selbst analysieren kann. 

  • Fragen Sie sich: "Was würde ich einem Freund sagen, wenn er das gleiche Verhalten erleben würde?"
  • Schreiben Sie sich selbst Erinnerungen und speichern diese beispielsweise im Handy: "Hör auf, dich zu entschuldigen. Es war nicht deine Schuld."
  • Erinnern Sie sich ganz genau an die Situation, analysieren Sie sie, und stellen Sie fest, dass Sie nicht der Auslöser waren

+++ Lesen Sie auch +++

PRODUKTE & TIPPS