Jeder kennt ihn, den Betandwin-Spot mit Boris Becker, Robby Naish, Franz Klammer und Lothar Matthäus in der Therapiegruppe, da wo der Loddar sagt: "I was sitting srie, four, five hours in front of se delevision watching se dennis-game"...
Man stelle sich das nun vor mit den berühmtesten Designern Italiens. Sagt der eine: Ich mache jetzt seit 30 Jahren beige Hosenanzüge, und wenn ich alle paar Jahre mal was anderes ausprobiere, werde ich verrissen - cazzo!
Eine Kollegin etwa gleichen Alters wirft in die Runde: Ich saß so da und suchte nach einer Inspiration - und dann dachte ich mir: Ach Quatsch, ich bringe einfach wieder das Gleiche! Und die Besitzer eines großen Wäsche-Labels freuen sich: Wir nähen jetzt auch Kleider aus Spitze und verkaufen die als Prêt-à-Porter, und unsere erste Reihe war voll mit italienischen Fernsehstars...
Swinging Sixties
Die Zeichen stehen derzeit nicht auf Wandel in der italienischen Mode. Das Gros der Designer verlässt sich auf Altbewährtes: Kleidchen, die nicht weh tun, florale Muster, Puderfarben, sogar die Schuhe sind nahezu identisch mit denen des Vorsommers. Doch wie immer bringt die Besinnung auf Vergangenes auch wieder Schönes an den Tag, diesmal die "Swinging Sixties":
Frida Giannini huldigte bei ihrer Kollektion für Gucci dem Hippie-, neudeutsch: Boho-Style der 60er, ausgedrückt in grafischen A-Linien-Kleidchen, großflächigen Drucken und dramatischen Ärmeln: "Mein Konzept war, mit wenigen einfachen Elementen ein Kaleidoskop luxuriöser Looks zu kreieren." Auch Veronica Etro setzt in diesen toughen Tagen auf den Charme der Blumenkinder, sie schickte flatternde Kleider mit Paisley- oder Patchwork-Prints, Shirtkleider und Blümchenhosen über den Catwalk.
Christopher Bailey, Chefdesigner bei Burberry, inspirierte sich am Twiggy-Teil der 60er: A-Linien-Mäntel und Trapezkleider mit hochgerutschter Taille, englische Polstermöbel-Drucke, Rundkrägen und große Knöpfe dominieren seine Sommerkollektion.
Abenteuerische Gegensätze
Ein Hauch von Belle de Jour wehte schließlich über den Laufsteg von La Perla, wo zarte weiße und ecrufarbene Kleider an die Deneuve in ihrer legendären Rolle erinnerten.
Völlig losgelöst von Raum und Zeit präsentierte als eine der wenigen Miuccia Prada ihre Vorschläge für einen heißen Sommer 2007: In ihrer Show trafen Luxus-Backpackerinnen mit Rucksäcken aus schwerer Seide auf beturbante Amazonen in schnörkellosen Mikro-Kleidern, und afrikanisch betuchte Flipflop-Trägerinnen auf die Schwestern von Pocahontas.
Standing Ovations gab es bisher nur für eine Kollektion: Nach der Schau von Mariella Burani erhob sich das Publikum zu frenetischem Applaus - bei der traditionell vorwiegend von einheimischen Kunden und Journalisten besuchten Schau wurde am Schluss einfach die italienische Nationalhymne aufgelegt.
In der Kürze liegt die Würze
Und weil all dies anstrengend und bei wenig herbstlichen Temperaturen von bis zu 30 Grad auch ungemein schweißtreibend ist, haben die Italiener sich für die Abendveranstaltungen ein neues Motto auferlegt: In der Kürze liegt die Würze! So feierte die Design-Bibel Wallpaper anlässlich des 10. Geburstages der Zeitschrift eine "Night of elegant excess", die genau von 18-21 Uhr dauerte. Am gleichen Abend lud das Prada-Unterlabel Miu Miu zur Cocktail-Party (19-21.30 Uhr), parallel dazu wurde bei Tommy Hilfiger gefeiert (18.30-21.30 Uhr). Da war die Eröffnungsparty des neuen Headquarters der Dolce & Gabbana Unterlinie D&G am Abend zuvor mit vier Stunden (19-23 Uhr) geradezu verschwenderisch lang ansetzt.
Bei Gucci, wo am Mittwochabend in einem eigens für die Präsentation des "85 Jahre Gucci"-Buches (erscheint Anfang November) ein prunkvolles Zelt erreichtet wurde, gab es Polizeisperren, um die ausgesuchten Gäste - darunter Soul-Barde John Legend, der live performte - über den roten Teppich zu flankieren. Die Party sollte von 22 Uhr bis Mitternacht dauern, aber - siehe da!- die Gäste bleiben einfach länger und fingen auf den dicken Teppichen zu tanzen an. Gott sei Dank, die Italiener haben das Feiern also offenbar doch noch nicht gänzlich verlernt...