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3,2 Millionen Euro Seltene Omega Speedmaster erzielt Rekord-Preis – und entpuppt sich dann als Bastel-Betrug

Omega Speedmaster 2915-1
Absoluter Rekord für eine Omega Speedmaster: Im November wurden für die "CK2915-1" sagenhafte 3,2 Millionen Euro gezahlt. Sie steht nun im Mittelpunkt einesr firmeninternen Ermittlung.
© Image courtesy of Phillips
Alte, sogenannte Vintage-Uhren, sind ein Minenfeld. Selbst Profis haben große Schwierigkeiten damit, Pfusch zu erkennen – was die Expertise von renommierten Auktionshäusern so wertvoll macht. Doch gegen die kriminelle Energie von Insidern kamen auch sie diesmal nicht an.

Schon kurz nach der Auktion war die Omega Speedmaster mit der Bezeichnung "CK2915-1" ein Fall für die Geschichtsbücher. Obwohl das Auktionshaus "Phillips" die Uhr bereits mit einer Preisspanne von 80.000 bis 120.000 Schweizer Franken großzügig geschätzt hatte, übertrafen die Bieter selbst die kühnsten Vorstellungen. Der Hammer fiel bei einem Rekordergebnis von umgerechnet 3,2 Millionen Euro. Damit war die braune Uhr am Lederarmband auf einen Schlag und mit sehr großem Abstand die teuerste Omega, die je verkauft wurde. 

Die Bereitschaft, einen solch astronomischen Preis für die Uhr zu zahlen, erklärte man sich damals wie folgt: Das Modell "CK2915-1" von 1957 gehörte zu der ersten Speedmaster-Serie, die Omega gefertigt hat. Die Uhr wurde nur zwei Jahre lang gebaut und ist heute ein begehrtes Sammlerstück. Hinzu kam der Zustand: Omega erklärte nach dem Verkauf, dass die Uhr "perfekt gealtert" sei und ein solcher Zustand nach mehr als einem halben Jahrhundert entsprechend selten sei.

Erst Monate später steht der Verdacht im Raum: Der Zustand war kein Zufall, sondern mutmaßlich gezielte Manipulation von Omega-Mitarbeitern, die nicht nur an der Uhr gewerkelt haben sollen, sondern auch aktiv an dem Bieterstreit beteiligt gewesen sein sollen. 

Omega Speedmaster wurde mutmaßlich "passend gemacht"

Schon zum Zeitpunkt der Ankündigung des Auktionshauses, eine solche Omega gehe bald in den Verkauf, hatten einige Kenner und Sammler das Gefühl, das Exemplar zu kennen, berichtet die "Neue Zürcher Zeitung". Ein Berner Uhrenhändler hatte eine sehr ähnliche Speedmaster zuvor für einen Bruchteil des Auktionsergebnisses verkauft und habe große Mühe gehabt, sie überhaupt loszuwerden. Verständlich: Denn der Händler spielte mit offenen Karten. Bei seiner "CK2915-1" handelte es sich zwar um ein Original, aber wichtige Teile gerieten in den vielen Jahren durcheinander und passten historisch gesehen nicht mehr zusammen.

Das ist – wenn man es offen kommuniziert – erst einmal nicht schlimm. Wenn die Uhr läuft, erfüllt sie ja ihren Zweck. Aber: Bei Vintage-Uhren, insbesondere derart seltenen, spielt jedes Bauteil eine wichtige Rolle. Und nur, wenn die Uhr nahe oder gleich dem Ursprungszustand ist, ist sie wirklich teuer. Bei neueren Service-Teilen oder gar nachgebauten Parts schrumpft der Wert erheblich. Wenn ein Verkäufer das korrekt angibt und es dem Käufer weniger um den Sammlerwert und mehr um die Uhr selbst geht, ist das weder illegal noch ein Problem. Kritisch wird es, wenn man schweigt – und illegal, wenn man aktiv versucht, die Wahrheit zu verbergen.

Laut "NZZ" soll das bei der Rekorduhr genau so passiert sein – und wie sich später zeigen sollte, wurde es sogar noch dramatischer. Der Bericht beschreibt, was nach dem Ankauf der Uhr mutmaßlich passierte. Da das gut sichtbare und tatsächlich vorbildlich gealterte Zifferblatt das wichtigste Verkaufsargument war, soll der neue Eigentümer die Uhr an den Stellen, die nicht länger ihrem Originalzustand entsprachen, aufgehübscht haben. Randnotiz: Selbst das Zifferblatt sehen Experten wie Jose Pereztroika inzwischen kritisch, denn die Alterung ist ihnen zu gleichmäßig.

Das fast perfekte Bastelprojekt

Doch zurück zur Vorbereitung der Uhr: Zunächst habe das Herzstück der Omega, das Werk, eine neue Seriennummer bekommen, heißt es. Denn die ursprüngliche Nummer habe nicht zum Baujahr der Uhr gepasst. Die Information, was man korrekterweise eingravieren müsse, habe der damalige Besitzer von einem Kontakt beim Hersteller erhalten. Die Teile habe er über einen "professionellen Uhrenzulieferer in der Westschweiz" bezogen. Anschließend wurde das Werk manipuliert.

Weitere Manipulationen wurden mutmaßlich an der Lünette, dem Sekundenzeiger und der Leuchtmasse durchgeführt, die bei einer Uhr aus den Fünfzigern oft nachweisbar radioaktiv ist – ein Ausstattungsmerkmal, dass man bei modernen Uhren aus Sicherheitsgründen heute nicht mehr vorfindet.  Als die Uhr den Vorstellungen des Besitzers entsprach, kam sie in den Verkauf bei Phillips, einem renommierten Auktionshaus mit einer beachtlichen Historie von Rekorderlösen.

Dort schöpft man trotz rigoroser Kontrollen bis zum Verkauf keinen Verdacht. Im Gespräch mit dem stern teilt Phillips mit: "Wir bieten keine Uhren an, von deren Echtheit wir nicht zu 100% überzeugt sind. In den äußerst seltenen Fällen, in denen eine Uhr so wichtig ist, dass sie angeboten werden kann, obwohl ein Teil nicht original ist oder zu einem späteren Zeitpunkt hergestellt wurde, wird dies in den Katalognotizen oder im Zustandsbericht hervorgehoben. Bis letzte Woche hatte niemand jemals behauptet, dass diese Omega-Uhr nicht authentisch sei. Die Uhr wurde von Spezialisten, Experten und sogar dem Hersteller zum Zeitpunkt des Verkaufs untersucht, und niemand hat irgendwelche Bedenken geäußert. Auch jetzt haben wir noch keine Berichte gesehen oder hatten Zugang zu der Uhr, um eine eingehende Analyse der Uhr im Hinblick auf diese Behauptungen durchzuführen."

Omega kauft die Uhr für das Firmenmuseum – unter anderem von dessen Leiter

Bemerkt hat den Schwindel zunächst niemand, obwohl es, wie eingangs erwähnt, Zweifel gab. Erst nach genaueren Vergleichen festigte sich der Gedanke: Es musste die Uhr des Berner Händlers sein – oder zumindest Teile davon.

In einem weiteren Bericht der "Neuen Zürcher Zeitung", der kurz nach der ursprünglichen Story veröffentlicht wurde, wird deutlicher, warum der Betrug zunächst so gut klappte – und wie es zu dem hohen Preis kommen konnte. Omega selbst hatte die Speedmaster gekauft. Der Leiter des hauseigenen Museums habe argumentiert, dass sie so wichtig sei, dass man sie um jeden Preis erwerben müsse. Gleichzeitig habe dieser aber auch an der Manipulation mitgewirkt – und gehörte wohl zum Kreis der Verkäufer.

Vieles hat inzwischen auch der Hersteller bestätigt. Dem stern erklärt Omega den Vorfall wie folgt: "Bei der von Phillips veranstalteten Auktion arbeitete der Leiter des Omega-Museums mit Vermittlern zusammen, um die Uhr für das Museum zu erwerben. Er argumentierte, dass es sich um einen seltenen und außergewöhnlichen Zeitmesser handele, der ein absolutes Muss für die Schausammlungen von unseres Hauses sei und daher unbedingt in dieser Auktion erworben werden sollte. Tatsächlich handelt es sich bei der Uhr um eine Zusammenstellung größtenteils authentischer Komponenten. Sowas nennt man gemeinhin "Frankenstein"-Uhr. Dieser Zeitmesser ist derzeit ein wichtiges Beweisstück in den laufenden Ermittlungen, die auch den Verkäufer der Uhr ans Licht bringen müssen. Die falschen Bauteile ermöglichten es den Geschäftemachern, ein stark überhöhtes Gebot zu rechtfertigen, das über die Vermittler abgegeben wurde, was es den Beteiligten ermöglichte, den aus dem Verkauf erzielten Gewinn zu kassieren und zu verteilen."

Gegenüber der "NZZ" teilte CEO Raynald Aeschlimann mit, dass man Beweise dafür gefunden habe, dass insgesamt "drei ehemalige Mitarbeiter mit klaren kriminellen Absichten an dieser Operation beteiligt waren". Nachdem man sie damit konfrontiert habe, hätten sie gestanden. Der Fall liege nun vor Gericht und man habe strafrechtliche Schritte eingeleitet.

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