Stylisten der Stars Die Schönmacher vom Dienst

  • von Claudia Charles
Mit ihren durchsichtigen Outfits machte Cher die roten Teppiche unsicher; die Sängerin Björk ging als eierlegender Schwan in die Oscar-Annalen ein. Um solche Fashion-Fauxpas zu vermeiden, engagieren umsichtige Stars Stylisten, die ihre Schützlinge in Modehimmel oder -hölle katapultieren.

Auch der Superstar der Schneider hat seine liebe Not mit den Oscars: "Es ist wirklich ein Drama", seufzte der italienische Modedesigner nach der Präsentation seiner Haute-Couture-Linie in Paris. "Direkt nach der Schau glauben alle Stars, das perfekte Kleid für die Oscar-Nacht gefunden zu haben - und kurz vor der Verleihung haben sie dann doch wieder etwas zu bemäkeln: zu kurz, zu lang, zu eng."

Erstaunlich ist das nicht, immerhin ist die Verleihung der Academy Awards das gesellschaftliche Ereignis des Jahres - zumindest für all die Menschen, die im Raumschiff Hollywood leben oder arbeiten. Da will jeder so gut wie irgend möglich aussehen - oder besser. Und die Stars sind professionell genug zu wissen, dass dies nicht mit dem eigenen, oft nur mittelmäßig gut ausgebildeten Geschmack zu erreichen ist. Um die eigene Erscheinung unauslöschlich ins Modegedächtnis der Medien zu brennen, werden hoch bezahlte Stylisten engagiert. Sie sind das Bindeglied zwischen Schauspieler und Designer; gegen ein stattliches Honorar - von beiden Seiten - verdealen sie das passende Label an den richtigen Körper. Ein heikles Geschäft, denn auch wenn man mit einer Armani-Robe selten daneben liegt, bedarf es manchmal auch modischen Wagemuts, um sich in den Fashion-Olymp zu katapultieren - oder im Kleider-Hades zu enden. 2001 mischte Angelina Jolie den roten Teppich auf in einem weißen Dolce&Gabbana-Anzug; zwei Jahre zuvor hatte Celine Dion dies ebenfalls versucht, allerdings trug sie ihr Dinnerjacket verkehrt herum - und wurde damit zum Gespött des Abends.

Auch für die Firmen ist das Tête-à-Tête heikel: Der Star muss optimal zur Marke passen, glaubwürdig in der Kleidung wirken. Mittlerweile haben Modekonzerne eigene Abteilungen gebildet, die sich mit nichts weiter als dem Celebrity-Dressing befassen. Eine ganze Auswahl an Kleidern wird verschickt, der Stylist sucht dann das passende Outfit für seinen Klienten aus. Hat man es geschafft, eine Oscar-Gewinnerin einzukleiden, ist dieser Scoop ein unermesslicher Imagegewinn - sowohl für das Modeunternehmen als auch für den Stylisten. Behalten dürfen die schönen Kundinnen ihre Outfits zwar nicht - dafür hatten sie aber auch keine Kosten für den einmaligen Auftritt. Anders verhält es sich übrigens mit den Kleidern der C-Promis: Sieht man einen von ihnen in Gucci oder Cavalli, wurde das Kleid vermutlich mit dem selbst erwirtschafteten Geld erworben - oft zum Leidwesen der Designer. So ärgerte sich Tom Ford, damals noch Fashion-Direktor bei Gucci, maßlos über Bilder von Victoria Beckham in seinen Outfits. "Haltet sie sofort davon ab!", soll er getobt haben.

Manchmal kapituliert auch der Stylist

Es ist der Stylist, der dafür sorgt, dass der Designer mit dem Star werben kann und der Star in den Klamotten fabelhaft aussieht. Jessica Paster zum Beispiel ist für den sauberen Look von Jennifer Aniston verantwortlich und betont auch die Vorzüge von Kim Catrall. Britt Bardo kleidet Schönheiten wie Kate Hudson oder Eva Mendes ein - nach dem Motto: "Niemand soll aussehen, als ob sie sich abmüht, gut auszusehen". Bardo scheut sich aber auch nicht, besonders hoffnungslose Fälle aufzugeben. Im Januar kündigte sie Britney Spears, weil die sich als vollkommen beratungsresistent entpuppte: Zwar habe sie der Sängerin schöne Kleider rausgelegt, die jedoch habe sich nicht an ihre Vorgaben gehalten, klagte Bardo der Zeitschrift "Bunte". "Ich habe sie immer gestylt, aber Britney hat sich danach immer umgezogen." Als Frau Spears dann Platz 1 der Worst-dressed-Liste belegte, war sie auch Britt Bardo los. Immerhin hat auch eine Stylistin einen Ruf zu verlieren.

Natürlich suchen die Stylisten nicht nur die passenden Roben aus, auch Schmuck, Schuhe und Handtasche werden generalstabsmäßig plaziert; Kosmetiker und Friseure gemietet, Diätpläne für die anstehenden Wochen entworfen. Schließlich macht auch das schönste Abendkleid in Größe 42 nicht mehr viel her. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, plant rechtzeitig vor der Zeremonie noch eine Botoxsitzung ein. Nicht um Krähenfüße aufzublähen oder Stirnrunzeln zu glätten - diese Behandlung gehört zum Starsein wie für normale Menschen der Lippenpflegestift. Das Nervengift wirkt auch bei übermäßig aktiven Schweißdrüsen wahre Wunder. Wer will sich schon mit feuchtem Händedruck blamieren oder - noch schlimmer - mondförmige Flecken auf glänzendem Taft hinterlassen.

Bis zu 2500 Dollar pro Tag verlangen die Stylisten, wenn sie Berühmtheiten für Award Shows zurecht machen; den Look für einen Werbespot oder ein Fotoshooting lassen sie sich mit bis zu 50.000 Dollar bezahlen, berichtet das US-Magazin "Forbes". Nicht eingerechnet sind die Provisionen, die sie von den Herstellern für ihren Service erhalten. Für den Alltag kreieren diese Wunderberater den Look ihres Schützlings, den sie für Großereignisse wie die Golden Globes, Grammys oder die Oscar-Verleihung aufbauschen und perfektionieren müssen. Ein Haute-Hippie-Mädchen wie Sienna Miller kann nicht plötzlich schlicht-elegant über den roten Teppich schreiten, etwas Sienna-typisches - wie ein geschwungener Gretchen-Zopf quer übers Haupt - muss den Look perfektionieren.

Als Schwan ein modisches Fiasko

Dabei ist auffällig, dass die Stylisten, vor allem bei offiziellen Großterminen, immer weniger riskieren. Kein Wunder, wer will schon einen stilistischen Supergau wie Björks Schwanenkleid bei den Academy Awards 2000 verantworten. Die Handtasche dieses Outfits war übrigens ein überdimensionales Ei, das sich die Sängerin erdreistete, auf den roten Teppich zu legen. Ebenso legendär waren die Glitzerfummel Chers: Ob halbnackt mit Stachelschwein-Frisur oder mit cremefarbener Rüschenhaube - kein ambitionierter Stylist möchte seinem Schützling diesen zweifelhaften Ruhm zumuten. Andere, weniger ausgeflippte, Versuche wie Gwyneth Paltrows Gothic-Kleid 2002 haben die hauchdünne Linie zwischen Geschmack und geschmacklos zwar nur gerade so überschritten - das Alexander McQueen-Grusel-Kleid geht trotzdem als Fashion-Fauxpas in die Oscar-Mode-Geschichte ein.

Dabei muss man nicht immer den neuesten Fummel tragen: Seit Julia Roberts 2001 den Oscar in einer Secondhand-Robe abräumte, sind aufgetragene Kleider in Hollywood nicht mehr pfui, sondern hui. Das schwarze Valentino-Kleid machte Vintage salonfähig und brachte einen Hauch Old Hollywood ins Kodak-Theatre; der Look wird seither mehr oder weniger erfolgreich kopiert und scheint durchaus Glück zu bringen: Im vergangenen Jahr trug Reese Witherspoon eine Vintage-Robe von Christian Dior und gewann wie einst Roberts den Oscar als beste Hauptdarstellerin.

Welcher Stylist das reich bestickte Stück für Witherspoon aufspürte, ist nicht überliefert, denn nur wenige Einkleider schaffen es, aus dem Schatten ihrer Kunden zu treten. Der größte Star unter den Stylisten ist ohne Zweifel Rachel Zoe. Sie verantwortet die Verwandlung der pummeligen Nicole Ritchie in einen wandernden Kleiderhaken; ihre Kundinnen sind leicht an überdimensionalen Sonnenbrillen auf ausgemergelten Gesichtern zu erkennen, darunter Keira Knightley, Lindsay Lohan und Mischa Barton. Doch damit Zoes Standard-Look aus Flohmarkt-Klamotten und Haute-Couture auch lässig am Promi-Körper hängt, treibt sie ihre Klientinnen binnen kürzester Zeit in den Magerwahn. Der gefährliche Trend der Stylistin schwappte aus Hollywood bis in deutsche Kleinstädte und zeigte eindrucks- und grauenvoll, wie mächtig die Riege der Kleiderausstatter geworden ist.

Nicole Ritchie, das erste prominente Kleiderpüppchen Zoes, wird in der Oscarnacht allerdings nicht in die Selektion der Stylistin schlüpfen: Nachdem sie monatelang ihre hauchdünne Figur rechtfertigen musste, hat sich die Tochter Lionel Ritchies entnervt von ihrer Ausstatterin getrennt - und sich seither auch wieder das eine oder andere Kilo angefuttert. Es scheint, als könne auch eine Stylistin aus der Mode kommen.

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