Es sieht elegant aus, wenn Bayern München in der Champions League zu Auswärtsspielen reist. Die Spieler tragen dann Maßanzug, Hemd, Krawatte und ziehen ihre Habseligkeiten in einem braunen Lederkoffer hinter sich her. Das einheitliche Outfit ist verpflichtend. Der Verein lässt sich von Giorgio Armani ausstatten, seine Stars treten bei offiziellen Anlässen abseits des Rasens in Kleidung des Mailänder Designers auf.
Seit der Ära von David Beckham verschmelzen Mode- und Fußballwelt immer öfter. Fußballer werden als Models inszeniert. Ihr Erfolg und ihr Aussehen soll auf das Image der Marke einzahlen.
Nun mag man kritisieren, dass der reiche Verein Bayern München alles vermarktet, um noch reicher zu werden, sogar das Reiseoutfit seiner Spieler. Aus ästhetischer Sicht jedoch ist der Ausstatter ein Gewinn. Einen Mann, der in einem Maßanzug nicht gut aussieht, gibt es nicht. Und in welche modischen Abgründe es führt, wenn Fußballer freie Kleidungswahl haben, lässt sich jeden Tag in den sozialen Netzwerken bestaunen. Dort führen viele Spieler eine Geschmacklosigkeit vor, die sogar die der Jürgen-Kohler-Rudi-Völler-Vokuhila-Goldkettchen-Adiletten-Generation übertrifft. Dass man Stil nicht kaufen kann, ist zwar eine Binse, aber deshalb hier nicht weniger zutreffend.
Jérôme Boateng tätowiert seine Oberschenkel
Galt für die meisten der Weltmeister von 1990 noch der Spruch von Salvador Dalí: "Ohne Schnurrbart ist ein Mann nicht richtig angezogen", gilt heute keine Regel mehr. Der Expressionismus der kickenden Jungmillionäre zeigt sich bereits, bevor sie überhaupt etwas anziehen. Die Haut vieler Profis ist zutätowiert wie eine vollgekritzelte Toilettentür. Gesichter von Familienmitgliedern, Geburts- und Todestage, Totenköpfe, Namen der (Ex-) Freundin und sehr weise Sprüche zieren ihre Körper. Nichts erscheint zu banal für die Bundesliga-Pik-Show, die Haut Couture der Profis. Jérôme Boateng präsentierte kürzlich seine frisch tätowierten Oberschenkel auf Instagram. Auf jedem Bein prangt nun eine venezianische Maske, was mehr als 62.500 seiner Follower mit einem Like belohnten.
Sind die Möglichkeiten zu modischen Fehlgriffen auf dem Platz noch beschränkt, weil Trikots, Hosen und Stutzen vom Zeugwart in die Kabine gelegt werden, drehen die Spieler in ihrer Freizeit den Swag auf. Swag ist ein Begriff aus der Welt des Hip-Hop, der sich viele Profis anscheinend zugehörig fühlen. Er steht für coole Lässigkeit, lässige Coolness, also für das, was die Outfits der Spieler nicht sind. Die Facebook-Seite "Fußballer, die den Swag aufdrehen" vermittelt einen Eindruck davon.
Fußballprofis lieben Logos und Marken
Wie den russischen, chinesischen und arabischen Touristen, die im Sommer die europäischen Innenstädte leer kaufen, geht es auch den Profis um Logos. Sie wollen zeigen, was sie tragen, wofür sie zahlen, und das bitte so groß, dass man es auch in weiter Ferne erkennen kann. Ihre Rucksäcke sind von MCM, die Kopfhörer von Beats by Dr. Dre, die Sneaker von Kanye West designt und die Uhren am Handgelenk so groß, dass auch ein Weitsichtiger die Zeit lesen kann, die da zwischen den Brillanten abläuft. Nach dem Shopping posten sie Videos aus ihren Autos, natürlich customized, auf denen sie zu Rapmusik in die Kameras ihrer iPhones gestikulieren, als wären sie Rapper.
Ihre T-Shirts sind so lang wie Kleider, ihre Hosen hängen unterhalb des Hinterns, was bei Jay-Z cool aussehen mag, aber nicht bei Mitchell Weiser von Hertha BSC Berlin oder Kevin Kampl von Bayer Leverkusen. Zu Hause wird weiter geshoppt, auf farfetch.com zum Beispiel, einer Website, die Modemarken vereint, die auf keinen Fall wenig kosten, deren Logos unverkennbar sind.
Gäbe es in der Liga den Karl-Lagerfeld-Preis für Schlagfertigkeit - Thomas Müller wäre ein Top-Anwärter. Über das Outfit seines Teamkameraden Jérôme "BlingBling" Boateng sagte er einmal: "Der Jérôme trägt das mit einer Inbrunst - das passt einfach. Wenn ich so etwas tragen würde, würden mich alle fragen, ob jetzt ganzjährig der Fasching ausgebrochen ist."
Thomas Müller kleidet sich lieber seriös
Müller gehört mit Philipp Lahm und Manuel Neuer bei Bayern München zu den wenigen, die modisch nicht auffallen. Lahm gibt sich seriös, wie es sich für einen kommenden Sportdirektor gehört. Und Neuer trägt als Kapitän der Nationalmannschaft Verantwortung so selbstverständlich wie den Sweater, den er beim stern-Fototermin anzieht. Als man ihn allerdings bittet, etwas zur Tattoo-Sucht seiner Mitspieler zu sagen, runzelt er die Stirn und räumt ein, dass er auch längst an der Nadel hängt. Welches Tattoo er sich wo hat stechen lassen, will er aber nicht verraten. Recherchiert man im Internet, entdeckt man, dass Neuer unterhalb des rechten Knöchels das chinesische Schriftzeichen für "Freundschaft" trägt. Vielleicht verleiht es ihm die Kraft zu fliegen. Vielleicht war eine Ex-Freundin Chinesin. Man wird es irgendwann erfahren, ob man will oder nicht, denn der Lifestyle der Spieler wird längst so wichtig genommen wie ihre Leistung auf dem Platz.
Dabei wäre alles so einfach, würden die Fußballer die Weisheit einer Frau beherzigen, die immer recht hat, wenn es um Mode geht: "Ein Mann kann anziehen, was er will - er bleibt doch nur ein Accessoire der Frau", sagte Coco Chanel. Kapiert, Jungs?