Punkrock im Landtag: Diese Rede der Linken-Abgeordneten Katharina König-Preuss am Donnerstag im Thüringer Landtag wird so schnell keiner vergessen. Die 40-Jährige ließ mit ihrem Bekenntnis zum Punkrock nicht nur die Herzen vieler Fans höher schlagen, sondern bezog klar Stellung gegen Rechts. In sechseinhalb Minuten Redezeit baute sie 39 Namen von Punkbands ein, zitierte aus Songtexten und kassierte einen Ordnungsruf, weil sie AfD-Politiker als "Fucking Faces“ bezeichnete.
Auf die Idee zur Rede brachte sie ein Antrag der AfD gegen die Förderung "extremistischer Veranstaltungen", indem explizit Bandnamen und Songtitel genannt werden. "Ich hatte wenig Lust, die immer gleichen Worte in meiner Rede zu wiederholen", sagt Katharina König-Preuss, als NEON sie telefonisch erreicht. Natürlich habe sie ein bisschen recherchiert, gesteht die Politikerin ein. "Aber ich habe all diese Bands schon einmal gehört, bei der Hälfte war ich sicher schon auf dem Konzert."
Nachhilfe im Punkrock
Anlass der ungewöhnlichen Aktion war ein Antrag der AfD und der Alternativ-Antrag der CDU-Fraktion im thüringischen Landtag. Stein des Anstoßes ist ein Konzert: "Aufmucken gegen Rechts“ soll am 19. Oktober im thüringischen Mühlheim stattfinden. Dazu haben sich bekannte Punkrockbands wie Rawside oder Die Dorks angekündigt. Auf den Werbeflyern für die Veranstaltung ist neben dem Logo des Freistaats Thüringen auch der Slogan "Nazis müssen draußen bleiben“ zu lesen. Beide Parteien wollten nun wissen, inwieweit die Landesregierung in Thüringen das Konzert finanziell unterstützt. Ziel sei es, die "Förderung extremistischer Veranstaltungen zu verhindern“, heißt es in beiden Anträgen.
Grund für Katharina König-Preuss beiden Parteien Nachhilfe beim Thema Punkrock zu geben und sich klar gegen Rechts zu positionieren. "Seitdem es einen parlamentarischen Arm von Neonazis in den Parlamenten gibt, ist nichts mehr Normahl. Man fragt sich, Wizo es nicht einen Volxsturm gegen deren rassistische und antisemitische Hetze gibt?", fragte sie unter anderem. In fast jedem Satz brachte die Politikerin bekannte und weniger bekannte Punkrockbands mit ihren Namen unter. Dabei machte sie deutlich, dass sie und ihre Partei prinzipiell gegen die AfD ständen, da man wisse, welche rassistischen und rechtsradikalen Ziele die Partei verfolge. Der CDU in Thüringen empfahl sie, mehr Punkrock zu hören und rügte ihren Alternativantrag.
Anträge von AfD und CDU
Besonders skurril sei gewesen, als der bekannte AfD-Politiker Björn Höcke im Plenum den Antrag seiner Partei laut vorgetragen habe und dabei Liedtitel wie "Punker stinken gut", "Wenn mein Schließmuskel versagt" oder "Probleme eines Assis beim Scheißen" laut vorlas und als Beweis für linksextremes Gedankengut nannte, sagt König-Preuss. Die AfD-Fraktion fordert in ihrem Antrag Rechenschaft von der Landesregierung in Bezug auf das Konzert in Mühlheim. Man wolle wissen, inwieweit die Regierung das Konzert und damit "linksextremistische Musikgruppen“ fördere. Als Nachweis listet der Antrag eine ganze Reihe von vermeintlich linksextremen Bands auf.
Als Reaktion reichte auch die CDU-Fraktion einen Alternativantrag ein. Sie forderte eine Stellungnahme der Regierung zur möglichen Finanzierung des Konzerts. Zudem will sie den sogenannten "Interventionsfond" abschaffen. Mit dessen Hilfe können Projekte bis maximal 1000 Euro gefördert werden, im Rahmen des Landesprogramms für "Demokratie, Toleranz und Weltoffenheit".
Keiner hat's verstanden
"Weniger als die Hälfte der Abgeordneten im Landtag hat meine Rede wohl verstanden“, sagt König-Preuss. "Auch viele aus meiner eigenen Fraktion nicht.“ Rückmeldung auf ihre Rede habe sie vor allem von den genannten Bands bekommen. Unter ihnen auch die bekannte Punkrock-Gruppe Feine Sahne Fischfilet, mit der die Politikerin befreundet ist. Die Band widmete ihr sogar einen Song auf ihrem neuen Album "Sturm&Dreck": "Angst frisst Seele auf".
Ein Interview mit der Band lest ihr hier
Für ihre Arbeit im NSU-Untersuchungsausschuss und in der rechten Szene steht Katharina König-Preuss nämlich auf der roten Liste der Rechtsextremen. Es gibt sogar einen Song, indem über ihren Tod gesungen wird. "Ich bekomme häufig Morddrohungen“, bestätigt die Politikerin gegenüber NEON. "Aber da ist mir erst richtig bewusst geworden, welche Dimension das Thema hat.“
Den aktuellen Umgang mit Rechts findet die Landtagsabgeordnete viel zu zurückhaltend. "Ein großer Teil der Gesellschaft nimmt die Gefahren nicht wahr.“ Handeln könne jeder einzelne, schon, indem er in Diskussionen mit Freunden, Kollegen und Familie gegen fremdenfeindliche und rechtsextreme Positionen Stellung beziehe.