Nach dem Studium oder der Ausbildung noch bei den Eltern zu wohnen, galt eine Zeit lang als absolutes No-Go. Mama, die beim Treffen mit dem Freund oder der Freundin plötzlich mit Schnittchen im Zimmer steht oder die Wäsche reinbringt? No way! Wieder bei den Eltern zu wohnen, ist zwar immer noch nicht wirklich cool, liegt aber im Trend. In den USA leben bereits mehr als ein Drittel der 18- bis 34-Jährigen mit abgeschlossener Ausbildung wieder zu Hause und auch in Europa wächst die Zahl dieser sogenannten "Generation Bummerang": Millennials, die aufgrund der wirtschaftlichen Perspektiven oder auch aus Bequemlichkeit wieder zu Hause einziehen. Warum Eltern von ihren Kindern Miete fordern sollten, lest ihr hier.
Aber warum lebt man wieder oder immer noch bei den Eltern? Sollte man Kostgeld oder Miete zahlen? Wir haben NEON-Leser gefragt, warum sie Teil der "Generation Bumerang" sind und wie sie das Wohnen mit den Eltern erleben.
Eine Studentin, Mitte 20: Lieber ein Auto statt Miete bezahlen
"Meine ganze schulische und berufliche Laufbahn wäre nicht möglich gewesen, wenn ich nicht bei meinen Eltern wohnen würde. Ich habe einen Realschulabschluss, habe dann eine Ausbildung gemacht, mein Abi nachgeholt und schließlich studiert. Alle anderen sind nach der Ausbildung in der Firma geblieben und haben sich eine eigene Wohnung gesucht, das wollte ich aber nicht. Doch wenn man mit Anfang 20 sein Abi nachholt, bekommt man nur ein bisschen Bafög. Also habe ich noch zu Hause gewohnt. Im Studium habe ich dann nebenher noch gearbeitet, um mir Geld für ein Auslandssemester anzusparen.
Außerdem finanziere ich mir, seit ich 18 bin, ein eigenes Auto. Miete zahle ich nicht, das wollen meine Eltern auch gar nicht. Aber da ich zum Beispiel die einzige Vegetarierin bin, kaufe ich mein eigenes Essen und bereite es zu. Klar gibt es bei uns auch mal Stress, aber wir haben alle Jobs und hängen nicht ständig aufeinander rum. Es ist eher ein Geben und Nehmen. Und in der Kultur meiner Familie ist es normal, dass alle viel Zeit miteinander verbringen und ein Kind so lange bei seiner Familie wohnt, bis es auf eigenen Beinen steht. Ich finde es völlig in Ordnung, mit Mitte 20 noch zu Hause zu wohnen – aber erst auszuziehen, wenn ich eine eigene Familie habe, so lange will ich dann auch nicht warten. Es ist natürlich eine andere Sache, wenn man nur zu Hause bleibt, weil man sich nicht der Realität stellen will. Jeder hat seine eigenen Gründe. Bereue ich es? Niemals!"
Lisa, 25: Ich habe mich klein und unselbständig gefühlt
"Vier Jahre nachdem ich ausgezogen war, bin ich vorübergehend wieder zu meinen Eltern in mein Kinderzimmer eingezogen. Ich wollte zum Master in eine neue Stadt ziehen, aber meine Wohnung war noch nicht bezugsfertig. Ich habe ein sehr gutes Verhältnis zu meinen Eltern, aber für mich war das ein klarer Rückschritt. Ich habe mich klein und unselbständig gefühlt und irgendwie bedrängt – obwohl wir uns in der Zeit gut verstanden haben. Aber wir sind wieder in unsere frühere Eltern-Kind-Beziehung verfallen. Ich glaube, meine Eltern und ich sind deutlich glücklicher, wenn wir uns nur auf Besuchsbasis sehen. Da ich nun nicht mehr so weit weg wohne, ist das auch einmal im Monat."
Emily, 20: Leben in der Eltern-Schwester-WG
"Ich lebe mit meiner Mutter, meiner Schwester und unseren zwei Hunden zusammen. Zudem sind mein Freund und der Partner meiner Mutter mehrmals die Woche hier zu Besuch. Jeder kommt und geht wie er will, aber es gibt feste Aufgaben und wir haben eine Gruppe, in der jeder seine Termine reinschreibt. Ich kann es mir aktuell einfach nicht leisten, allein zu wohnen. Natürlich ist es auch manchmal anstrengend, vor allem, wenn es um Ordnung und Sauberkeit geht. Bis ich meinen Bachelor in zwei Jahren fertig habe, bleibe ich auf jeden Fall noch hier wohnen. Ich finde, so zu leben hat viel mehr Vor- als Nachteile. Wir wohnen zentral, ich habe immer Essen im Kühlschrank und die Wäsche teilen wir uns auf. Ich gebe monatlich einen Betrag an meine Mutter ab, aber viel weniger, als ich an Miete zahlen würde. Auch wenn es zwei Jahre so weitergeht, ist das nicht schlimm und ich fühle mich in der Eltern-WG ganz gut."
Julia, 26: Meine Eltern sind meine besten Freunde
"Ich wohne im Haus meiner Eltern im Dachgeschoss – dort habe ich zwei eigene Zimmer und ein Bad für mich allein. Ich bin Beamtin im gehobenen Verwaltungsdienst und bezahle eine Art Kostgeld für Strom, Wasser und Essen. Mieten oder Eigentum wären für mich einfach viel zu teuer zurzeit und ich möchte auch nicht allein wohnen. Meine Eltern sind wie meine besten Freunde und ich sehe das Leben hier als eine Art Generationen-WG. Wie lange ich hier wohne, dafür habe ich mir keine Grenze gesetzt. So lange das Miteinander funktioniert und die Mieten so teuer bleiben, denke ich nicht als Ausziehen."
