Baerbock hatte zuvor den Amtseid auf die UN-Charta abgelegt. Sie leitet nun für ein Jahr die Sitzungen der UN-Generalversammlung. Das Amt ist protokollarisch das höchste bei den Vereinten Nationen. Baerbock ist die fünfte Frau auf dem Posten seit Gründung der Vereinten Nationen vor 80 Jahren. Die UN-Charta war am 24. Oktober 1945 in Kraft getreten.
In Deutschland erntete die frühere Außenministerin Zuspruch wie Kritik mit Instagram-Videos von ihrer neuen Wirkungsstätte. Darin kauft sie einen Bagel in einem Coffeeshop, fährt im gelben Taxi durch New York und steigt mit High Heels aus dem Wagen, eine Anspielung auf die Kultserie "Sex and the City".
Zugleich legt Baerbock ihr neues Amt offenbar politischer aus als manche ihrer Vorgänger. So verurteilte sie kurz nach ihrer Vereidigung den israelischen Luftangriff auf ranghohe Hamas-Mitglieder in Katar. "Die Eskalation von heute ist offensichtlich besorgniserregend", sagte Baerbock. "Die Souveränität und territoriale Integrität aller Mitgliedstaaten muss respektiert und darf von keinem Mitgliedstaat verletzt werden", betonte sie, ohne Israel namentlich zu nennen.
Baerbock rief alle Parteien zu höchster Zurückhaltung auf, wie es die UN-Charta erfordere. "Wir brauchen keine weiteren Spannungen in der Region", sagte sie. Stattdessen müsse es intensive diplomatische Bemühungen in Richtung eines sofortigen und dauerhaften Waffenstillstands geben sowie eine Verbesserung der humanitären Lage für die Zivilbevölkerung im Gazastreifen durch die israelische Regierung. Die Hamas müsse zudem alle Geiseln in ihrer Gewalt freilassen.
Bei ihrer Wahl im Juni hatte Baerbock allen 193 Mitgliedsländern eine Zusammenarbeit "in stürmischen geopolitischen Zeiten" zugesichert. Sie will nach eigenen Angaben den Reformprozess bei der Vereinten Nationen vorantreiben. Zudem will sie die Suche nach einer Nachfolgerin oder einem Nachfolger für den scheidenden UN-Generalsekretär António Guterres koordinieren. Bisher äußerte sie sich nicht zu der Frage, ob sie sich selbst als mögliche Nachfolgerin sieht, wenn der Portugiese Ende 2026 ausscheidet.
Belastet wird die diesjährige Generalversammlung durch den Konflikt um die geplante Anerkennung eines Palästinenserstaats durch Frankreich und andere Länder. Konkrete Ankündigungen werden für den 22. September erwartet. Israel hatte scharf dagegen protestiert und wird von den USA unterstützt.
US-Präsident Donald Trump wird sich voraussichtlich am 23. September in einer Rede an die Generalversammlung richten. Er hatte die Vereinten Nationen für ihren Kurs scharf kritisiert und Mittel gekürzt. Die US-Regierung hat unter Trump zudem Sanktionen gegen hochrangige UN-Vertreter verhängt, denen Washington eine feindselige Haltung gegenüber den USA und Israel vorwirft.