Israels Armee hat eigenen Angaben zufolge die Führungsspitze der Hamas angegriffen. "Jahrelang leiteten diese Mitglieder der Hamas-Führung die Operationen der Terrororganisation, sind direkt für das brutale Massaker vom 7. Oktober verantwortlich und orchestrierten und steuerten den Krieg gegen den Staat Israel", teilte das israelische Militär mit.
Den genauen Ort des Angriffs nannte das Militär nicht. Kurz zuvor hatte es aber Berichte über Explosionen in der Hauptstadt von Katar gegeben. Die politische Vertretung der Hamas hat in Doha ihren Sitz. Der Angriff habe ein Wohngebäude getroffen, "in dem mehrere Mitglieder des Politbüros der Hamas in der katarischen Hauptstadt Doha wohnen", erklärte ein Mitarbeiter des katarischen Außenministeriums der britischen BBC. Die katarische Nachrichtenseite Doha News zeigte ein zerstörtes Gebäude, vor dem ein schwarzer Geländewagen parkt. Auch Doha News berichtete, dass Israel das Hamas-Verhandlungsteam angegriffen habe.
Trump bedauert Angriff auf Doha
US-Präsident Donald Trump bedauert nach Angaben des Weißen Hauses, dass Katar Ort eines israelischen Angriffs auf die islamistische Hamas geworden ist. Der Republikaner betrachte Katar als engen Verbündeten und Freund der USA, teilte das Weiße Haus mit.
In der Stellungnahme, die Regierungssprecherin Karoline Leavitt verlas, hieß es weiter, eine "einseitige Bombardierung innerhalb Katars als souveränem Staat und engem Verbündeten der Vereinigten Staaten", diene weder Israels noch Amerika Zielen. Das Land habe sich gemeinsam mit den USA "engagiert und mutig" für den Frieden eingesetzt. Der Präsident wolle, dass der Krieg ende und alle Geiseln aus dem Gazastreifen freigelassen würden.
Nach Angaben des Weißen Hauses wurde die US-Regierung vom US-Militär informiert, dass Israel die islamistische Hamas angreifen werde, die sich "leider" in einem Teil von Doha aufhalte.
Trump habe darauf seinen Sondergesandten Steve Witkoff angewiesen, Katar über den anstehenden Angriff zu informieren. Leavitt betonte zugleich, dass die Beseitigung der Hamas, die vom Elend der Menschen in Gaza profitiert habe, ein erstrebenswertes Ziel sei.
Katar nach eigenen Angaben erst bei Angriff informiert
Katar widersprach dieser Darstellung der Ereignisse. Ein US-Regierungsvertreter habe erst in dem Moment in Katar angerufen, als die Explosionen bereits zu hören waren, sagte der Sprecher des katarischen Außenministeriums Madschid al-Ansari.
Die USA sind Israels wichtigster Verbündeter und größter Waffenlieferant. Das US-Militär wusste nach Angaben des Weißen Hauses vorab, dass Israel die Hamas-Spitze angreifen werde. Diese halte sich «leider» in Doha auf, hieß es aus Washington.
Laut Regierungssprecherin Leavitt sprach Trump auch mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu und mit Vertretern Katars. Letzteren habe er versichert, dass so etwas auf ihrem Boden nicht wieder vorkommen werde.
Merz telefoniert mit Emir von Katar
Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hat den Angriff Israels auf die Führungsspitze der Hamas in Katar verurteilt. In einem Telefonat mit Emir Tamim bin Hamad Al Thani, bezeichnete Merz die Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität Katars durch den israelischen Angriff als «nicht akzeptabel», wie Regierungssprecher Stefan Kornelius mitteilte.
Zugleich würdigte der Kanzler Katars Vermittlungsbemühungen um einen Waffenstillstand in Gaza und die Freilassung der Hamas-Geiseln. Der Krieg dürfe sich nicht auf die gesamte Region ausweiten, so Merz. Die Bundesregierung stehe dazu auch in engem Kontakt mit der israelischen Regierung.
Wadephul nennt Angriff "inakzeptabel"
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) hat den israelischen Angriff Israels in Katar als "inakzeptabel" kritisiert. "Der Angriff Israels in Doha verletzt nicht nur die territoriale Souveränität Katars, sondern gefährdet auch unser aller Bemühungen zur Freilassung der Geiseln", erklärte Wadephul am Dienstagabend in Berlin. "Dieser Schlag ist inakzeptabel."
Wie israelische Medien unter Berufung auf einen hochrangigen Regierungsvertreter berichten, sei unter anderem der Hamas-Führer Chalil al-Hajja Ziel des Angriffs gewesen. Eine Bestätigung für den Tod al-Hajas oder anderer Hamas-Funktionäre gab es zunächst nicht. Al-Haja ist der höchste Hamas-Führer im Ausland, der auch die Hamas-Delegation bei den indirekten Verhandlungen mit Israel um eine Waffenruhe leitet.
Es seien Schritte unternommen worden, um Unbeteiligte nicht zu gefährden, hieß es weiter. Der Nachrichtensender Al Dschasira berichtete unter Berufung auf einen Hamas-Insider, es sei das Verhandlungsteam der radikal-islamischen Organisation angegriffen worden. In Katar laufen Gespräche zwischen Israel und der Hamas zur Beendigung des Krieges im Gazastreifen.
Katar verurteilt Angriff
Katar verurteilt den israelischen Angriff als "feige". Die Attacke sei eine eklatante Verletzung des Völkerrechts, teilt die Regierung mit. Eine Untersuchung auf höchster Ebene sei im Gange. Katar vermittelt zusammen mit Ägypten und den USA im Gaza-Krieg zwischen Israel und der Hamas. Die Verhandlungen um eine Waffenruhe kommen aber seit Monaten nicht voran. Israels Regierung beabsichtigt unterdessen, die Stadt Gaza militärisch vollständig einzunehmen.
Auch Jordanien nennt den israelischen Angriff eine "feige Aggression". Außenminister Aiman al-Safadi sagte auf X, der Angriff stelle einen eklatanten Verstoß gegen das Völkerrecht dar. Der Angriff sei eine Fortsetzung der "brutalen israelischen Aggression", die die Sicherheit und Stabilität der gesamten Region gefährde. Der emiratische Präsidentenberater Anwar Gargasch bezeichnet den Angriff eine "heimtückische israelische Attacke". Die Vereinigten Arabischen Staaten ständen fest an der Seite ihres Schwesterstaats Katar.
UN-Generalsekretär Antonio Guterres verurteilt die Attacke als "eklatante Verletzung der Souveränität und territorialen Integrität" des Golfstaates. Katar spiele eine sehr positive Rolle bei den Bemühungen um einen Waffenstillstand in Gaza und die Freilassung aller von der Hamas gehaltenen Geiseln, sagt Guterres vor Journalisten. "Alle Parteien müssen auf einen dauerhaften Waffenstillstand hinarbeiten, nicht ihn zerstören."
Netanjahu spricht von einer "völlig unabhängigen israelische Operation"
Israels Führung rechtfertigt den Schlag als notwendig.
"Die heutige Aktion gegen die obersten Terroristenführer der Hamas war eine völlig unabhängige israelische Operation. Israel hat sie initiiert, Israel hat sie durchgeführt, und Israel übernimmt die volle Verantwortung dafür", heißt es in einer auf X veröffentlichten Erklärung des Büros von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu:
Er habe nach einem tödlichen Anschlag in Jerusalem und einer Attacke auf Soldaten im Gazastreifen die "Ausschaltung der Hamas-Führung" beschlossen. Die Hamas stand nach Medienberichten hinter beiden Attacken. Bei dem Anschlag zweier Hamas-Mitglieder in Jerusalem waren am Montag sechs Menschen getötet und zahlreiche weitere verletzt worden.
Finanzminister Bezalel Smotrich lobte den israelischen den Angriff: "Für die Terroristen gibt es keine und wird es niemals Immunität vor dem langen Arm Israels geben – an keinem Ort der Welt", schrieb der ultrarechte Minister Smotrich in einem Post auf der Plattform X. "Eine richtige Entscheidung, die wir getroffen haben, und eine perfekte Ausführung durch die Armee und den (Inlandsgeheimdienst) Schin Bet."
Trump offenbar über Angriffspläne informiert
US-Präsident Donald Trump soll laut einem Bericht des israelischen Fernsehsenders Channel 12 grünes Licht für den Angriff gegeben haben.
Zuvor hatte Trump eine "letzte Warnung" an die Hamas ausgesprochen, um kurz vor Israels weiterem Vorstoß in der Stadt Gaza eine diplomatische Lösung zu erzwingen. Israel habe seine Bedingungen akzeptiert, es sei an der Zeit, dass auch die Hamas sie akzeptiere, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social. Die Hamas zeigte sich daraufhin zu "sofortigen Verhandlungen" bereit. Man begrüße "jeden Schritt, der dazu beiträgt, die Aggression gegen unser Volk zu beenden".
Katar beheimatet mit dem Luftwaffenstützpunkt Al-Udaid zudem die größte US-Militärbasis im Nahen Osten. Hier befindet sich das regionale Hauptquartier des US-Zentralkommandos, das etwa Einsätze in Syrien oder dem Irak koordiniert. Bis 2033 sollen hier 15.000 Soldaten und Servicemitarbeiter unterkommen.
Erster Angriff auf Katar seit Unabhängigkeit
Israels Attacke in Doha ist der erste Angriff auf den Golfstaat Katar seit dessen Unabhängigkeit vor mehr als 50 Jahren. Das am Persischen Golf gelegene Emirat war ab 1916 britisches Protektorat und wurde im Jahr 1971 unabhängig. Im selben Jahr wurde Katar Mitglied der Arabischen Liga und Mitgliedstaat bei den Vereinten Nationen.
Katarische Truppen waren am Zweiten Golfkrieg 1990/91 beteiligt, als der Irak das benachbarte Emirat Kuwait überfiel. Katar wurde dabei aber selbst nicht angegriffen.
Katar und die meisten der weiteren Golfstaaten gelten allgemein als sehr sicher. Teils kam es dort aber etwa auch zu Terrorangriffen oder in Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu Angriffe der Huthi-Miliz im Jemen auf Öl-Anlagen oder zivile Ziele.
Dieser Artikel wird fortlaufend aktualisiert.