Dodik ist Präsident der überwiegend von Serben bewohnten Republika Srpska, die neben der kroatisch-muslimischen Föderation Bosnien und Herzegowina einen bedeutenden Teil des Balkanstaates ausmacht. Hintergrund des Prozesses gegen den 65-jährigen nationalistischen Politiker, der als Verbündeter von Kremlchef Wladimir Putin gilt, waren Vorwürfe, dass Dodik Entscheidungen des von den Vereinten Nationen entsandten Hohen Repräsentanten für Bosnien und Herzegowina, Christian Schmidt, missachtet habe.
Der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft wird seit dem Dayton-Abkommen von 1995, mit dem der Bosnien-Krieg beendet wurde, von der UNO ernannt und wacht über die Einhaltung des Friedensabkommens. Außerdem hat er weitgehende Befugnisse - darunter auch das Recht, Gesetze durchzusetzen oder aufzuheben und gewählte Vertreter zu entlassen. Seit 2021 hat der ehemalige Bundeslandwirtschaftsminister Schmidt von der CSU das Amt inne.
Dodik hatte das Parlament der Republika Srpska dazu angestiftet, zwei Gesetze zu verabschieden, mit denen die Umsetzung von Entscheidungen des bosnischen Verfassungsgerichts und des Hohen Repräsentanten verboten wird. Schmidt hob diese zwar umgehend wieder auf, Dodik aber verkündete sie trotzdem; auch wurden sie im Amtsblatt des serbischen Landesteils veröffentlicht.
Bereits seit Februar vergangenen Jahres musste sich Dodik deshalb vor der Justiz verantworten. Das Gericht verurteilte den bosnischen Serbenführer nun nach eigenen Angaben zu einem Jahr Haft. Zudem werde eine "Sicherheitsmaßnahme" verhängt, die darin bestehe, "dass er sechs Jahre lang nicht das Amt des Präsidenten der Republika Srpska ausüben darf", sobald das Urteil rechtskräftig wird.
Dodik, der das Urteil juristisch noch anfechten kann, verurteilte die Entscheidung des Gerichts umgehend: "Ich bin zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden, für ihren Schwachsinn und ihr Gefängnis", rief er nach der Urteilsverkündung bei einer Kundgebung in Banja Luka, der Hauptstadt der Republika Srpska. "Sie sagen, dass ich schuldig sei, aber die Leute hier werden ihnen sagen, warum ich nicht schuldig bin", fügte er hinzu.
Das Parlament der Republika Srpska bezeichnete das Urteil am Mittwochabend in einer Entschließung als "Staatsstreich" und forderte die Regierung zur Vorlage von Gesetzen auf, um Bosniens Justiz und Polizei die Betätigung in der Republika Srpska zu verbieten. Am Abend traf der serbische Präsident Aleksandar Vucic in Banja Luka ein, um Dodik die "Unterstützung" Serbiens zuzusichern. Vucic sprach von einem "schändlichen" Urteil, dessen "Ziel die Zerstörung der Republika Srpska" sei.
Bereits vor dem Urteilsspruchs hatte der Prozess die Sorge um die Stabilität in dem Westbalkanstaat geschürt, der seit 2022 EU-Beitrittskandidat ist. Dodik hatte angedroht, die Republika Srpska werde sich aus zahlreichen Institutionen der bosnischen Zentralregierung zurückziehen, sollte er verurteilt werden.
Schmidt hatte sich am Dienstag indes bemüht, die Öffentlichkeit zu beruhigen: Die internationale Gemeinschaft setze sich "weiterhin entschlossen für Frieden und Stabilität" in der Region ein, sagte er in Sarajevo. Bosnien und Herzegowina sei "nicht verhandelbar", fügte der Hohe Repräsentant der Vereinten Nationen hinzu.
In der Vergangenheit hatte Schmidt vor dem wachsenden Einfluss Moskaus in Bosnien gewarnt. Er könne nicht ausschließen, dass "ein Teil der Strategie" Dodiks "direkt aus Moskau kommt", sagte Schmidt im vergangenen Jahr in einem AFP-Interview.