Netanjahu und Trump werden sich im Weißen Haus in Washington treffen. Der US-Präsident hatte nach Angaben seines Sondergesandten Steve Witkoff vor einigen Tagen Vertretern arabischer Staaten einen aus 21 Punkten bestehenden Nahost-Friedensplan vorgelegt. Darin sind nach Angaben aus diplomatischen Kreisen unter anderem eine dauerhafte Waffenruhe und die Freilassung aller Geiseln vorgesehen.
Zudem sollen auch der Rückzug der israelischen Truppen und ein Regierungsmodell für den Gazastreifen ohne Beteiligung der radikalislamischen Palästinenserorganisation Hamas Teil des Plans sein. Britische Medien berichteten, dass der frühere britische Premierminister Tony Blair eine zentrale Rolle in einer Übergangsregierung des Gazastreifens spielen könnte.
In seiner Botschaft auf Truth Social fügte Trump am Sonntag hinzu, es bestehe eine "echte Chance auf etwas Großartiges im Nahen Osten". Am Freitag hatte Trump mit Blick auf eine Waffenruhe im Gazastreifen bereits gesagt: "Ich denke, wir haben einen Deal." Kurz zuvor erklärte allerdings Netanjahu in seiner Rede bei der UN-Generaldebatte, dass Israel den Kampf gegen die Hamas im Gazastreifen unerbittlich fortsetzen werde.
Am Sonntag sagte Netanjahu dem US-Nachrichtensender Fox News mit Blick auf Trumps Friedensplan: "Ich hoffe, wir können es schaffen, denn wir wollen unsere Geiseln befreien." Zugleich bekräftigte er das Ziel Israels, die Hamas "zu entwaffnen, den Gazastreifen zu entmilitarisieren" und "eine neue Zukunft für die Bewohner des Gazastreifens und Israelis" zu ermöglichen.
Äußerst skeptisch äußerte sich der israelische Regierungschef mit Blick auf eine mögliche Rolle der Palästinenserbehörde bei der künftigen Regierung des Gazastreifens. Er denke nicht, dass eine "reformierte" Palästinenserbehörde wahrscheinlich sei, die "einen jüdischen Staat akzeptiert und ihren Kindern beibringt, die Koexistenz und Freundschaft mit dem jüdischen Staat anzunehmen, anstatt ihr Leben darauf auszurichten, ihn zu vernichten".
Aus Sicht von Eytan Gilboa, Experte für die US-israelischen Beziehungen an der Bar-Ilan-Universität im israelischen Ramat Gan, bleibt Netanjahu indes "keine andere Wahl", als Trumps Friedensplan zu akzeptieren. Die USA und Trump seien für den israelischen Regierungschef "fast der letzte verbliebene Verbündete in der internationalen Gemeinschaft".
Unterdessen wurde eine angekündigte Reise des US-Botschafters in Israel, Mike Huckabee, nach Ägypten kurzfristig verschoben.
Bundesaußenminister Johann Wadephul (CDU) bekundete Unterstützung für den US-Friedensplan. Es handele sich um eine "sehr gute, willkommene und notwendige Initiative", sagte der Minister am Samstag am Rande der UN-Vollversammlung in New York. Dass Trump "sich intensiv in diese Verhandlungen eingeschaltet" habe, sei zu begrüßen.
Das israelische Militär setzte derweil seine Mitte September gestartete Bodenoffensive in der Stadt Gaza fort. Die Hamas erklärte am Sonntag, sie habe infolge der israelischen Angriffe seit 48 Stunden "den Kontakt" zu zwei der im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln "verloren". Das Leben der beiden sei in "echter Gefahr".
In Tel Aviv demonstrierten am Samstag tausende Menschen für eine Beendigung des Krieges. Lishay Miran-Lavi, die Ehefrau der immer noch im Gazastreifen festgehaltenen Geisel Omri Miran, richtete einen direkten Appell an Trump und forderte: "Nutzen Sie Ihren Einfluss auf Ministerpräsident Netanjahu."
In Berlin gab es am Samstag die bisher größte pro-palästinensische Kundgebung, bei der zehntausende Menschen ein Ende des Gaza-Krieges und einen Kurswechsel der Bundesregierung gegenüber Israel forderten.
Der Krieg im Gazastreifen war durch den Großangriff der Hamas und mit ihr verbündeter Kämpfer auf Israel am 7. Oktober 2023 ausgelöst worden. Dabei wurden nach israelischen Angaben 1219 Menschen getötet und 251 weitere als Geiseln in den Gazastreifen verschleppt. Noch immer befinden sich 47 Geiseln in der Gewalt der Hamas, von denen nach Angaben der israelischen Armee aber mindestens 25 bereits tot sind.
Israel geht seit dem Hamas-Angriff massiv militärisch im Gazastreifen vor. Dabei wurden nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben des Hamas-Gesundheitsministeriums bereits mehr als 66.000 Palästinenser getötet.