Hamburg, 6. Mai 2005 – Vor dem Hintergrund der anhaltend schwierigen Marktlage für Tageszeitungen und Zeitschriften, die viele Redaktionen und Verlage vor Sparzwänge stellt, fordern zahlreiche Chefredakteure eine verstärkte Qualitätsorientierung der Presse. Sorgfältige Recherchen, Gründlichkeit, Zuversicht, eine kritische Berichterstattung und Unabhängigkeit werden von den Chefredakteuren als wichtige Voraussetzungen gese-hen, damit sich die Printmedien auch in Zukunft behaupten können. Das zeigt eine Um-frage, die anlässlich der bevorstehenden Verleihung des neuen Henri Nannen-Preises am 20. Mai im Deutschen Schauspielhaus Hamburg gemeinsam von der Zeitschrift stern und dem Verlag Gruner + Jahr bei rund 80 Print-Chefredakteuren von Tageszeitungen und aktuellen Magazinen aus ganz Deutschland durchgeführt wurde.
Von der schlechten wirtschaftlichen Lage vieler Blätter in Folge der stagnierenden Nach-frage am Kiosk und einer rückläufigen Entwicklung im Anzeigengeschäft ist die Unabhän-gigkeit der Presse nach Meinung der Befragten allerdings bislang weitgehend unberührt geblieben. So sagen drei Viertel (74 Prozent) der Teilnehmer, die Aussage „Thematisch heiße Eisen werden gar nicht erst angepackt“ sei unzutreffend. Auch die Einschätzung, viele Redaktionen formulierten aus Sorge vor wirtschaftlichen Konsequenzen vorsichtiger, lehnt die Mehrheit der Befragten (55 Prozent) ab. Die Umfrage zeigt gleichwohl, dass die meisten Redaktionen von Personalkürzungen und einer zunehmenden Arbeitsbelastung der Redakteure betroffen sind – dieser Feststellung stimmen 90 Prozent der beteiligten Chefredakteure zu.
Befragt nach den wichtigsten Eigenschaften, die einen Journalisten heute auszeichnen müssen, äußern die Redaktionschefs klare Vorstellungen: Hoch im Kurs stehen die „klare Darstellung von Sachverhalten“ sowie „Sorgfalt“ (jeweils 66 Prozent), „Neugier“ (61 Pro-zent), „Unabhängigkeit gegenüber Institutionen und Autoritäten“ (56 Prozent) sowie „All-gemeinbildung“ (54 Prozent). Mit Blick auf den journalistischen Nachwuchs attestieren knapp zwei Drittel (62 Prozent) der Befragten ihren jungen Mitarbeitern heute ein gutes bis sehr gutes Qualifikationsniveau. Gegenüber früheren Generationen zeichnen sie sich durch Schnelligkeit, Teamfähigkeit und Flexibilität aus.
Große Einigkeit herrscht unter den Befragten darüber, welche Funktionen die Printmedien heute erfüllen: Ihre wichtigste Aufgabe sehen die Top-Journalisten darin, „den Leser zu befähigen, sich (...) eine eigene Meinung zu bilden“ (85 Prozent). Rund zwei Drittel (68 Prozent) verstehen es als ihren Auftrag, „durch Gewichtung, Einordnung und Selektion Orientierung zu bieten“. 63 Prozent sagen, es gehe auch darum, den Lesern zu erklären, in welcher Weise sie von aktuellen Entwicklungen betroffen sind, während 44 Prozent ihre Rolle außerdem darin sehen, „Service und Leserberatung“ zu liefern.
Die Zeitschrift stern und der Verlag Gruner + Jahr vergeben den Henri Nannen-Preis in diesem Jahr zum ersten Mal, um damit journalistische Bestleistungen auszuzeichnen und an das Schaffen des stern-Gründers Nannen zu erinnern. Insgesamt sind 17 Autoren und drei Fotografen für den Henri Nannen-Preis nominiert, der in sieben Kategorien vergeben wird. Die Preisträger werden während der feierlichen Preisverleihung am 20. Mai 2005 im Deutschen Schauspielhaus Hamburg bekannt gegeben. Alle ausgewählten Arbeiten fin-den sich inklusive Angaben zu sämtlichen Nominierten sowie den Vor- und Hauptjuroren auf der Homepage
www.henri-nannen-preis.de
im Internet.