Berlin 17-Jährige bei rassistischem Angriff verletzt – jetzt gibt es ein bitteres Nachspiel

17-Jährige in Berlin rassistisch attackiert: In Instagramvideo beschreibt sie den Angriff
17-Jährige in Berlin rassistisch attackiert: In Instagramvideo beschreibt sie den Angriff 
Sehen Sie im Video: 17-Jährige rassistisch beleidigt und verletzt – in Instagram-Video schildert sie den Angriff. Videoquelle: n-tv.de
Kein Streit um eine Maske sei es gewesen, sondern eine rassistische Attacke: Der Fall einer 17-jährigen Berlinerin sorgt derzeit für Entsetzen und Verwirrung.

Die 17-jährige Berlinerin Dilan S. wollte am 6. Februar lediglich mit der Bahn von der Hufelandstraße bis zur Greifswalder Straße fahren, als es zu einer folgenreichen Begegnung kam. Wie sie in einem Video auf Instagram schildert, in dem sie aus dem Krankenhausbett von den Ereignissen berichtet, traf sie in der Bahn zuerst auf zwei Männer und eine Frau, die sich aggressiv verhielten und anscheinend angetrunken waren. Die Unbekannten wollten sie aus ihrem Waggon wegschicken, "am besten nach ganz hinten", weil sie in Deutschland nichts zu suchen habe. Es folgten weitere üble Beleidigungen, viele davon rassistisch.

Schließlich habe sie einen der Männer wegschubsen müssen, da er ihr zu nahe gekommen sei. Das, sowie die Aufforderung der 17-Jährigen, dass die aggressiven Fremden bitte ihre Masken aufsetzen sollten, habe diese erst recht wütend gemacht. Als Dilan die Bahn verließ, stiegen auch die rassistischen Pöbler aus, berichtet sie. Wie sie erst jetzt bemerkte, waren diese nicht nur zu dritt, sondern sogar zu sechst.

Berlin: Junge Frau wird erst angefeindet, dann geschlagen und getreten

Auf dem Bahnsteig wurde aus dem verbalen Streit dann ein körperlicher Angriff: Die 17-Jährige berichtet, dass sie vor den Augen vieler Umstehender von der Gruppe festgehalten, geschlagen und getreten worden sei. Zwischenzeitlich gelang es ihr kurz, die Angreifer zu filmen. Als die sechs Unbekannten – drei Männer und drei Frauen – schließlich den Bahnsteig verließen, konnte die junge Frau noch einmal die Szene filmen. Zu sehen sind auch mehrere Umstehende, die unbeteiligt auf die nächste Bahn warten. Dilan S. ist in dem Videoclip zu hören, wie sie fassungslos anmerkt, dass keiner der Anwesenden geholfen habe.

Derzeit heißt es vonseiten der Berliner Polizei, dass man davon ausgehe, die 17-Jährige habe selbst die Polizei verständigt – nicht einer der Zeugen. Sie wurde ins Krankenhaus gebracht, wo sie seit zwei Tagen wegen einer Gehirnerschütterung und eines Bauchtraumas behandelt werde, berichtet sie auf Instagram. Die Ermittler bestätigen dies dem stern.

Angriff in Berlin: Medienberichte unterstellten junger Frau, keine Maske getragen zu haben

Allerdings kam es zu einer merkwürdigen Kommunikationspanne im Nachgang des Geschehens: Nach der Tat notierten Beamte offenbar die Aussagen der jungen Frau missverständlich, sodass es klang, als sei Dilan diejenige gewesen, die in der Bahn keine Maske getragen habe. Die Berliner Polizei bestätigte gegenüber dem stern aber, dass Videoaufnahmen aus Überwachungskameras zeigten, dass sie zumindest beim Ein- und Aussteigen in die Bahn korrekt ihre Maske getragen habe – anders als die Mehrheit der Angreifer.

In den Berichten vieler Medien, die größtenteils aus Agenturmaterial oder dem Fahndungsaufruf der Polizei übernommen wurden, ging es dann in erster Linie um einen "Maskenstreit", Dilan S. wurde als diejenige dargestellt, die hier einen Fehler gemacht hätte. Der rassistische Aspekt der Tat wurde gänzlich unerwähnt gelassen oder lediglich am Rande als eine Behauptung der Geschädigten erwähnt. Eine Tatsache, die auch die Beamten verwundert: "Schon in unserer ersten Pressemeldung standen die rassistischen Beleidigunge und die körperlichen Verletzungen im Mittelpunkt", heißt es gegenüber dem stern. Inzwischen hat die Polizei eine zweite, korrigierte Meldung veröffentlicht, in der der Sachverhalt deutlich anders geschildert wird.

17-Jährige reagiert empört auf Medienberichte

Dilan veröffentlichte das Video aus dem Krankenhaus vor allem als Reaktion auf Artikelüberschriften wie "Jugendliche in Berlin wegen fehlender Maske zusammengeschlagen" oder "17-Jährige von drei Männern verprügelt – weil sie keine Maske tragen wollte". Sie wolle berichten, wie es wirklich abgelaufen sei, sagt sie, und sorgte damit für viel Entrüstung in den sozialen Medien. Mehr als zwei Millionen Mal wurde das Video inzwischen angesehen.

In der Kritik stehen dabei nun nahezu alle Beteiligten: Neben den Tätern die Polizei, die sich zu Beginn missverständlich ausdrückte, die Medien, die nicht nachfragten, und die Zeugen vor Ort, die nicht halfen. Inzwischen seien immerhin die männlichen Tatverdächtigen ermittelt, so die Polizei. Es gebe zudem Tipps von Anrufern, die womöglich bei der Suche nach den weiblichen Verdächtigen helfen können. Auch der Staatsschutz sei involviert.

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