Die nackte Yoga-Mum Shitstorm über dem Naturkind

Was passiert, wenn Yoga-Mum Amy in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerät? Es entlädt sich ein Shitstorm. Aber Amy behält ihre Würde und trotzt allen Hasstiraden. Porträt einer Widerspenstigen.

Zuerst war es nur ein Foto: Eine junge Frau macht einen Kopfstand, während ihr Baby an ihrer Brust nuckelt - nett und friedlich. Ich war von der Haltung der Frau beindruckt und dachte: "Wow, so einen konzentrierten Stand bekommst du nicht hin." Ich bemerkte nicht, welche Sprengkraft das Bild der stillenden Yoga-Mum besaß, bis ich die ersten Kommentare las. Ich lernte schnell, Stillen ist - nicht nur in den USA - ein hochpolitisches Thema.

Amy, so heißt die Yogafrau, ist unwillentlich ins Kreuzfeuer einer heißen Debatte geraten. Für sie gab es auch Zuspruch, aber vor allem jede Menge verletzender Gemeinheiten. Doch Amy lässt sich von dem Hass nicht fertigmachen. Ohne viel nachzudenken, hatte sie das Bild im Jahr 2011 auf Instagram hochgeladen. Es wurde zunächst nur von ihren Yoga-Freunden angesehen und geteilt. Dass es eine größere Öffentlichkeit erreichen würde, habe sie nie gedacht, schreibt sie.

Mit der Still-Debatte im Mainstream Amerika hat Yoga-Mum nichts zu tun. Amy lebt ein gänzlich anderes Leben. Auf ihrem Blog "Daughter of the Sun" gibt sie darüber inzwischen viele Auskünfte. Nicht ganz freiwillig, denn das Naturkind möchte den Anfeindungen und Unterstellungen entgegentreten.

Amy ist mutig. Als sie Anfang 20 war, fühlte sie sich in einem unbefriedigenden Leben gefangen. Mit einem Job und Sorgen wegen unbezahlter Rechnungen. Ein Lebensgefühl, das viele kennen. Doch Amy wagte den großen Schritt, kündigte Arbeit und Wohnung und machte sich mit ihrem Wagen auf eine Reise quer durch die USA. "Ich hatte viel Vertrauen in das Universum. Ich fühlte mich beschützt. Diese Reise veränderte mein Leben."

Seitdem führt Amy mit ihrer Familie ein freies Leben jenseits der gesellschaftlichen Normen. Als das Bild entstand, lebten sie in einer Yoga-Gemeinschaft auf Hawaii. Aber sie sorgen für sich selbst, darauf legt Amy wert. Die Familie liegt nicht dem Staat auf der Tasche und zehrt auch nicht von einer großen Erbschaft, wie viele vermuten. Selbst über die Geburt von Baby Naia wurde gelästert. Dabei sei sie nicht von der Wohlfahrt bezahlt worden, so Amy. Sie hätten die Hebamme selbst "in vier Raten" bezahlt, erklärt sie stolz.

Ihr Mann sei Musiker - und kein erfolgloser Straßenmusikant. Zum Beweis verlinkt Amy auf einen Werbespot von Lexus, für den er die Musik komponiert habe. Amy verkauft handgemachten Schmuck und Cremes und Salben auf ihren Reisen und in einem Internetshop. "Wir zahlen Steuern auf unsere Einkünfte." Doch weil Steuern und Mobiltelefon die einzigen fixen Kosten in ihrem Leben seien, könnten sie frei leben und reisen.

Sicher, der Lebensstil von Amy, ihrem Partner und Baby Naia eignet sich nicht für jeden. Erschreckend ist, wie viel Hass und Unterstellungen der Familie entgegengebracht wird.

So wurde etwa vermutet, Amy sei auf dem berühmten Bild mit dem Fuß am Baum aufgehängt. Sicher, sie trägt eine Kordel am Knöchel. Aber festgebunden wurde sie damit nicht, das ist auch nicht notwendig: Eine junge sportliche Frau, die täglich praktiziert, hat keine Probleme mit dieser Übung.

Die nächste Überraschung: Amy und ihr Mann werden wegen ihrer Körper massiv angefeindet. Dabei sehen sie ganz normal aus, gesund, aber etwas hager. So wie junge Menschen aussehen, die kein Fleisch essen, kein Bier trinken, keine Süßigkeiten in sich hineinstopfen und viel Gymnastik praktizieren. Fürs übergewichtige Amerika genug Provokation, um Hasskübel über den beiden auszuschütten. Umso erstaunlicher sind Sanftmut und Weisheit, mit denen die junge Mutter diesem Shitstorm widersteht.

Sie sagt, vielen Menschen würde es heutzutage einen Kick geben, die zu kritisieren, die nicht genau so leben wie sie selbst. Amy versteht, dass ihr Leben nicht dem landläufigen Ideal entspricht. Aber, so fragt sie provokant. "Wo würdet ihr eure Kinder lieber aufwachsen sehen? In einem Blumenfeld oder vor dem TV-Gerät?"

Ich lebe nicht wie Amy, doch ich staune über die Harmonie und Liebe, die sie inmitten der Anfeindungen ausstrahlt. Und ich freue mich für Amy, weil sie ein freies Leben gefunden hat und über die Jahre bewahren konnte.

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