Flugausfälle, Staus, Zugverspätungen Deutschlands Verkehrsnetz ächzt unter Wintereinbruch

Entschuldigungen, Rechtfertigungen, Schuldzuweisungen: Während der anhaltende Winter in Deutschland den Verkehr teils zum Erliegen gebracht hat, stellen sich viele Deutsche die Frage: Wäre das Chaos vermeidbar gewesen?

Schneechaos hat den Frankfurter Flughafen am Dienstagmorgen für mehrere Stunden komplett lahmgelegt. Zwischen kurz nach 05.00 Uhr und 08.30 Uhr ging gar nichts, dann wurden die ersten Start- und Landebahnen wieder in Betrieb genommen. Zahlreiche Flüge wurden auf andere Airports wie München oder Leipzig umgeleitet. Auf den Straßen in ganz Deutschland bildeten sich angesichts des anhaltenden Schneefalls wieder kilometerlange Staus, mancherorts wurde der Busbetrieb komplett eingestellt. Die Bahn entschuldigte sich bei ihren Kunden für die massiven Verspätungen und Ausfälle wegen des Winterwetters.

Ein Flughafensprecher in Frankfurt sagte, angestrebt sei, so schnell wie möglich wieder einen Regelbetrieb aufzunehmen. Er erklärte, dass der heftige Schneefall nicht vorausgesagt worden sei. Der Deutsche Wetterdienst (DWD) habe nur vereinzelte Niederschläge und leichten Schneefall prognostiziert. Dem Winterdienst sei es deshalb trotz Dauereinsatzes nicht gelungen, die Bahnen am Morgen schneefrei zu halten.

Der Wetterdienst wies die Kritik zurück. Die Meteorologen des DWD in der Luftfahrtberatungszentrale auf dem Frankfurter Flughafen hätten in ihrem am Montag um 14.00 Uhr vorgelegten Bericht tatsächlich ein Schneegebiet 50 Kilometer nördlich des Airports vorausgesagt und für den Flughafenraum selbst wenig Schnee, erklärte DWD-Sprecher Uwe Kirsche auf dapd-Anfrage. Aber gegen Mitternacht habe man gesehen, dass das Schneegebiet südlicher zu erwarten sei und den Flughafen auch entsprechend informiert. 24-Stunden-Vorhersagen könnten nicht immer ganz präzise sein, betonte Kirsche, und fügte hinzu: "50 Kilometer sind meteorologisch gesehen nicht sehr viel."

Die Autofahrer in Deutschland litten weiterhin unter dem Winterwetter. In Rheinland-Pfalz wurde der Busbetrieb teilweise eingestellt. Auch in Bayern herrschte Chaos auf den Straßen. So hingen auf der A 3 am sogenannten Kaupenaufstieg bei Aschaffenburg rund 100 Lkw und Autos fest. Sie mussten teilweise von Feuerwehr und THW freigeschleppt werden, die Autobahn war stundenlang gesperrt.

Auch in Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein sorgten heftige Schneefälle für Verkehrsbehinderungen und Staus. Vielerorts fiel die Schule aus, weil Schüler nicht befördert werden konnten, zum Beispiel im Main-Tauber-Kreis oder in Rheinhessen. Im Hamburger Hafen waren erstmals in diesem Jahr Eisbrecher im Einsatz.

Grünen-Verkehrsexperte: Winter zeigt Schwachstellen der Verkehrspolitik

Die Bahn entschuldigte sich bei ihren Kunden für die Verspätungen und Ausfälle wegen des winterlichen Wetters. Bahn-Vorstand Ulrich Homburg sagte dem Onlineportal "BILD.de", die Mitarbeiter der Bahn leisteten trotz der extrem widrigen Umstände Unglaubliches: "Sie bringen jeden Tag die überwältigende Mehrheit von 7,3 Millionen Fahrgäste in Bus und Bahn sicher an ihr Ziel. Ich entschuldige mich bei all denjenigen, bei denen dies nicht der Fall ist."

Die Situation sei weder für Kunden noch für Mitarbeiter einfach. "Aber wenn man die Probleme im Auto- oder Flugverkehr betrachtet, schlagen wir uns vergleichsweise gut", sagte Homburg, der für den Personenverkehr im Bahnkonzern verantwortlich ist.

Nach Ansicht des Grünen-Verkehrsexperten Winfried Hermann offenbart das derzeitige Winterwetter Schwachstellen in der Verkehrspolitik. "Wenn man sich das Chaos in diesem Winter anschaut, bekommt man unweigerlich den Eindruck: Nichts dazugelernt", sagte der Vorsitzende des Verkehrsausschusses im Bundestag der "Passauer Neuen Presse". Er verlangte bis zur Verkehrsausschusssitzung in der ersten Januarwoche einen ausführlichen Bericht des Bundesverkehrsministeriums zu den Winterproblemen bei der Bahn und auf den Autobahnen.

dapd
DAPD

PRODUKTE & TIPPS