Hat Klaus Leipziger, Chefarzt der Forensischen Psychiatrie im Bezirkskrankenhaus Bayreuth und zentraler Gutachter im Fall Gustl Mollath, bei der Erstellung seiner Dissertation abgeschrieben? Martin Heidingsfelder, Deutschlands bekanntester Plagiatsjäger, ist davon überzeugt und hat am heutigen Freitag die Universität Ulm über seine Recherchen informiert.
Nach Angaben Heidingsfelders sind er und seine Mitarbeiter bereits bei "einer ersten kurzen Lektüre" der Doktorarbeit auf ein "eindeutiges Plagiat" gestoßen. Eine genauere Durchsicht der Arbeit habe dann weitere Plagiate zu Tage gefördert, die auf seiner Internetseite unter dem Link "politplag.de/index.php/Free-Gustl-Mollath" dokumentiert seien.
"Aufgrund unserer Erfahrung", schreibt Heidingsfelder in einer Erklärung, "gehen wir davon aus, dass diese Arbeit noch etliche weitere Fälle derart unredlicher wissenschaftlicher Arbeitsweise enthält." Die eigentliche Untersuchung sei allerdings Aufgabe der titelverleihenden Universität.
Der Fall Gustl Mollath
Mollath sieht sich als Justizopfer. Der Nürnberger wurde 2006 nach von ihm bestrittenen tätlichen Angriffen auf seine inzwischen geschiedene Frau in die Psychiatrie zwangseingewiesen. In dem Verfahren zu seiner Einweisung wurde ihm auch eine paranoide Gedankenwelt vorgeworfen, weil er behauptete, dass seine Frau bei der HypoVereinsbank Schwarzgelder in Millionenhöhe verschoben habe. Inzwischen ergaben interne Prüfungen der HypoVereinsbank, dass ein Teil dieser Vorwürfe zutrifft. Seither sorgt der Fall Mollath bundesweit für Aufsehen. Es gab in Bayern einen Untersuchungsausschuss. Beate Merk, Justizministerin des Freistaates, veranlasste die Staatsanwaltschaft, die Wiederaufnahme des Falles zu beantragen. Das Landgericht Regensburg sah in seiner jüngsten Entscheidung von Ende Juli jedoch keinen Anlass dafür, den Fall neu aufzurollen.
Leipziger fühlt sich von Mollath-Unterstützern bedroht
Leipzigers Arbeit mit dem Titel "Forensische Psychiatrie am Bezirkskrankenhaus Bayreuth. Beschreibung und Untersuchung der Rahmenbedingungen, Konzepte und Behandlungsergebnisse bei nach § 63 Strafgesetzbuch im Maßregelvollzug untergebrachten Patienten im Bezirkskrankenhaus Bayreuth und besonderer Berücksichtigung der Gruppe Sexualstraftäter" verhalf dem Chefarzt der Forensik 1999 zu seinem Doktortitel.
Leipziger spielt als Gutachter im Fall Gustl Mollath eine zentrale Rolle. Seit sieben Jahren ist Mollath gegen seinen Willen in der Psychiatrie untergebracht. Erst vor wenigen Wochen hatte der Chef der Forensik seine Einschätzung, dass Mollath eine Gefahr für die Allgemeinheit darstelle und nicht entlassen werden könne, in einem neuen Gutachten wiederholt. Inzwischen wurde gerichtlich angeordnet, ein neues Gutachten von einem externen Psychiater anfertigen zu lassen. Leipziger ist heftigen Anfeindungen von Mollath-Unterstützern ausgesetzt und wird seinen Worten zufolge massiv bedroht.
"Sehe der Prüfung mit Gelassenheit entgegen"
"Der Prüfung meiner Arbeit durch die Universität Ulm sehe ich mit großer Gelassenheit entgegen", sagte Leipziger. Seiner Dissertation lägen umfangreiche empirische Forschungen zugrunde, die er selbst gemacht habe.
Heidingsfelder, der auf der Liste der Piratenpartei für die Landtags- und Bundestagswahl im Herbst kandidiert, ist eigenen Angaben zufolge seit Ende 2011 als Plagiatssucher unternehmerisch tätig und durchforstet mit seinen Mitarbeitern knapp 20 Dissertationen pro Monat auf Plagiate. Bundesweit bekannt wurde er durch seine Gründung von "VroniPlag Wiki", benannt nach der Tochter des früheren bayerischen Ministerpräsidenten Edmund Stoiber.