Presseschau zu Rangnicks Rücktritt Vorbildlicher Bruch mit Tabus des Profifußball

Der Rücktritt von Ralf Rangnick überraschte die Fußballwelt: Aufgrund von Erschöpfung zieht sich der Schalke-Trainer sechs Monate nach Amtsantritt zurück. Deutsche Medien preisen ihn als Vorbild und loben seinen Mut, öffentlich über seine gesundheitlichen Probleme zu sprechen.

"Stuttgart Nachrichten"

Wer Ralf Rangnick näher kennenlernen durfte, ahnte stets, auf welch schmalem Grat sich der positiv Fußball-Verrückte stets bewegte. Jetzt wurde er zum Opfer des Raubbaus an sich selbst. Ausgebrannt! Sein Rückzug kann in einer auf Topleistung und Profit getrimmten Gesellschaft beispielgebend auf alle wirken, die es aus falscher Scham oder Rücksichtnahme nicht schaffen, sich von der Zwangsjacke permanenter Überforderung zu befreien. Ralf Rangnick hat sich seine Grenzen eingestanden. Ein Sieg, der weit schwerer wiegt als drei Punkte.

"Westdeutsche Zeitung"

Es ist auch ein gutes Zeichen, dass schon gestern, am Tag, an dem der erste deutsche Fußballtrainer wegen eines Burnout-Syndroms zurücktrat, schon über einen Nachfolger diskutiert wurde. Rangnick ist krank, Rangnick muss sich ausruhen, kein großes Aufheben, bitte. Das Geschäft geht weiter. Nur wie? Der Sport verlangt Höchstleistung, daran wird sich nicht rütteln lassen. Wohl aber an dessen Betrachtung. Und an der Art, ihn zu begleiten. Die Sensibilität ist geschaffen, der Weg von Enkes tragischem Tod bis zur mutigen Offenbarung Rangnicks gibt ein Beispiel, was Aufklärung und prominente Vorbilder erreichen können. Und Rangnick ist ein Vorbild. Seit gestern mehr denn je.

"Mannheimer Morgen"

Der Fall Ralf Rangnick zeigt: Es hat sich etwas verändert im deutschen Fußball. Das Tabu, über psychische Krankheiten und Überforderung nicht zu sprechen, ist seit Enkes Suizid gebrochen. Das ist ohne Wenn und Aber eine positive Entwicklung, auch wenn der Rücktritt des ausgebrannten Schalker Trainers für ihn persönlich tragisch bleibt. Rangnick hat den Traumjob bei seinem Lieblingsklub für die Gesundheit opfern müssen. Das ist eine schwere Entscheidung, die man nicht einfach aus einer Laune heraus trifft - und die höchsten Respekt verdient.

"Kölner Stadt-Anzeiger"

So wie Ralf Rangnick ergeht es Tausenden. Burnout ist mittlerweile eine Volkskrankheit. Bei einer Erschöpfungsdepression erleidet die Psyche des Menschen einen "Infarkt". Unter anderem deshalb, weil man mit den Anforderungen, die man an sich selbst stellt und die andere an einen stellen, nicht mehr fertig werden kann. Diese Krankheit hat mittlerweile gesellschaftliche Akzeptanz. Und die Öffentlichkeit hat ebenfalls gelernt, dass man nach einem Burnout wieder leistungsfähig und stark sein kann - aber mit dem Wissen darum, wie Körper und Seele in Balance bleiben können.

DPA
liri/DPA/AFP

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