Im russischen Wolga-Gebiet versuchen die Behörden weiter, Kontakt zu selbstmordgefährdeten Sektenanhängern aufzunehmen, die sich mit kleinen Kindern in einer Höhle verschanzt haben. Ein russischer Priester war zuvor mit dem Versuch gescheitert, die Mitglieder einer Weltuntergangssekte zum Verlassen ihres unterirdischen Bunkers zu bewegen. Jetzt werde nach einem erfahrenen Vermittler gesucht, der mit der Sekte Kontakt aufnehmen könne, sagte Jewgeni Gussejnow, ein Sprecher der Regionalregierung.
Die Anhänger der Sekte "Wahre russisch- orthodoxe Kirche" warten auf den Weltuntergang im kommenden Mai. Nach Angaben der Polizei haben sich 29 Menschen, darunter auch vier Kinder, von denen eines gerade 18 Monate alt ist, in den Bunker in der Nähe der Ortschaft Nikolskoje rund 640 Kilometer südöstlich von Moskau zurückgezogen. Die Gruppe hat gedroht, sich mit 400 Litern Benzin in die Luft zu sprengen, sollten die Behörden versuchen, sie gewaltsam aus dem Bunker zu holen.
"Wir hielten sie für harmlose Spinner"
Medienberichte, wonach die Sektenmitglieder mit Betäubungsgas überwältigt werden sollten, bezeichnete eine Polizeisprecherin in Pensa als "völligen Blödsinn", wie die Agentur Interfax meldete. Die Polizei teilte mit, man wolle jegliche Provokation vermeiden. Nach Medienberichten halten sich die Menschen, unter ihnen auch ein 16 Monate altes Mädchen, seit Oktober mit Gasflaschen, Kerosin und Lebensmittelvorräten in ihrem unterirdischen Versteck auf. In der Nähe der Höhle schieben Polizisten rund um die Uhr Wache. Über ein Belüftungsrohr teilten die Sektenmitglieder lediglich mit, dass es ihnen in dem verzweigten Tunnelsystem mit mehreren Räumen gut gehe. In den vergangenen Tagen sollen aus der Höhle Warnschüsse abgefeuert worden sein, als sich ein Priester genähert hatte.
Die Polizei nahm den Anführer der Sekte fest, der sich nicht mit seinen Anhängern in der Höhle aufhielt. Der selbst ernannte Kirchenführer werde auf seinen Geisteszustand hin untersucht, hieß es. Die Menschen im angrenzenden Dorf Poganowka hatten die Sektenanhänger, die nicht arbeiteten, ihre Kinder zu Hause behielten und jede moderne Technik ablehnten, in den vergangenen Monaten zwar argwöhnisch beobachtet, aber in Ruhe gelassen. "Wir hielten sie für harmlose Spinner", berichtete ein Nachbar der russischen Boulevardzeitung "Twoj Den".