Sahara-Geiseln Zähes Ringen um die Freilassung

Die Bundesregierung setzt weiterhin auf Verhandlungen mit den Entführern der 14 Sahara-Geiseln. Jetzt ist es gelungen, über einen Tuareg-Führer einen direkten telefonischen Kontakt herzustellen.

Im monatelangen Nervenkrieg um die Sahara-Geiseln haben deutsche Stellen jetzt wohl eine Telefonverbindung zu den Entführern im unwegsamen Norden Malis. Doch die Situation wird durch die vielfältigen Kontakte zu der islamistischen Kidnapper-Gruppe nicht unbedingt leichter für die Bundesregierung. Eine direkte Verbindung bedeutet nicht, dass auch direkt mit den Entführern über mögliche Forderungen verhandelt wird.

Kidnapper fordern rund 65 Millionen Euro

Ein einflussreicher Tuareg-Führer ist dem Vernehmen nach der Mittelsmann Berlins. Weitere Kontakte zu den Geiselnehmern gibt es offensichtlich auch im Auftrag der malischen Regierung. Nach Medienberichten fordern die Kidnapper rund 65 Millionen Euro für die neun Deutschen, vier Schweizer und einen Niederländer in ihrer Gewalt. In Berlin wird weiter beharrlich zu möglichen Lösegeldforderungen geschwiegen. Andererseits wurde aber auch über mögliche politische Forderungen der Entführer nichts bekannt.

Vorwürfe der Angehörigen, die vom Warten auf ihre Ehefrauen, Männer, Kinder, Eltern und Freunde zermürbt sind, kommen auf. So kritisierte der Ex-Ehemann der Augsburgerin Michaela Spitzer, die Ende Juni an der Tortur in der Gluthitze der Sahara starb, die Bundesregierung habe Chancen zur Befreiung der Geiseln verpasst. Vielmehr hat Berlin aber wohl erst jetzt, nachdem die Geiseln von Algerien auf malisches Staatsgebiet verschleppt wurden, mehr Handlungsmöglichkeiten.

Kaum Kontakt zu den Entführern

In der algerischen Sahara bestand zuvor dem Vernehmen nach kaum Kontakt zu den Entführern. Die algerische Regierung pochte im Gegensatz zu der mit Deutschland eng befreundeten malischen Führung auf ihre Souveränität. In Mali gilt die Situation als günstiger. Die Versorgungslage ist erheblich besser, auf den Entführern lastet nicht mehr die ständige Bedrohung durch einen möglichen Militäreinsatz wie in Algerien.

An eine Militäraktion wie zur Befreiung der ersten Geiselgruppe Mitte Mai in Algerien wird derzeit in Berlin offensichtlich nicht gedacht. Eine unerkannte Annäherung an das Lager der Entführer ist ohnehin so gut wie unmöglich. Im Gegensatz zu Algerien werden auch keine Aufklärungsflüge in dem Gebiet im Norden Malis unternommen - ein Niemandsland, das von der Zentralregierung in Bamako nicht kontrolliert wird. Offensichtlich sollen die Kidnapper nicht verunsichert oder nervös gemacht werden. Schlecht wäre es, wenn sie ihre Gefangenen weiter über die Grenzen nach Mauretanien oder Niger brächten, da dort so gut wie keine Kontaktmöglichkeiten mehr bestünden.

Angehörige über Entwicklung unterrichtet

Die Angehörigen der Geiseln werden von den Berliner Regierungsstellen umfassend über gesicherte Informationen zur Entwicklung in der Wüste unterrichtet - bevor sie es aus den Medien erfahren könnten. Alle haben auch das Video vom 20. Juli mit den Geiseln gesehen. Auf Französisch mussten sich die Geiseln, die inzwischen Wüstenkleidung tragen, vor der Kamera ihrer Entführer vorstellen. Doch der damals relativ gute Gesundheitszustand der noch verbliebenen 14 Menschen, die seit rund fünf Monaten durch die Wüste geschleppt werden, habe überrascht und beruhigt zugleich, berichten diejenigen, die das Band gesehen haben. Forderungen werden auf dem Band offenbar nicht gestellt.

Dass die Angehörigen daheim frustriert sind vom Warten Woche um Woche, Monat um Monat versteht man im Auswärtigen Amt sehr wohl. Auch Außenminister Joschka Fischer hatte sie bereits empfangen. Trotz der aufkommenden Kritik wird das Verhältnis der Bundesregierung zu den Angehörigen als außerordentlich freundschaftlich beschrieben.

DPA
Dorothea Hülsmeier

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