Nach 738 Tagen Gefangenschaft hat die islamistische Hamas alle noch lebenden israelischen Geiseln im Gazastreifen freigelassen. Zunächst hatte die radikalislamische Terrororganisation sieben Geiseln freigelassen und an das Rote Kreuz übergeben – sie sind inzwischen auf israelischem Staatsgebiet eingetroffen. Darunter sind auch die drei deutschen Staatsbürger Alon Ohel, Gali Berman und Ziv Berman. Wenige Stunden später folgten 13 weitere. Die Leichen von 28 Geiseln müssen noch übergeben werden.
Die Übergabe an Israel erfolgte im Zuge der ersten Phase des von US-Präsident Donald Trump vorgeschlagenen Friedensplans. Die Erleichterung ist groß – nicht nur bei den Menschen in Israel, die Donald Trump dort frenetisch feiern.
Tränen und Jubel in Israel: Die Geiseln sind frei

Geiseln befreit: Donald Trump feiert Triumph
Trump selbst bezeichnete die Einigung zwischen der Hamas und Israel im Gaza-Krieg als womöglich größten Erfolg seiner Karriere. Das Abkommen "könnte die größte Sache sein, in die ich jemals involviert war", sagte Trump einem Reporter der US-Nachrichtenseite Axios am Montag auf dem Weg in den Nahen Osten.
Trump hatte die Einigung durch Druck auf Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu sowie auf die Hamas vermittelt – unterstützt von Katar, Ägypten und der Türkei. Trump feiert das Gaza-Abkommen bereits als Durchbruch und sieht einen dauerhaften Frieden für den Nahen Osten bevorstehen. Viele Fragen im Konflikt zwischen Israel und Hamas wie auch in der Region sind aber ungelöst. Auch die Zukunft des Gazastreifens ist völlig offen.
In einer am Montag veröffentlichten Erklärung bekräftigte der bewaffnete Zweig der Hamas seine Verpflichtung zu den Bedingungen des Abkommens, vorausgesetzt, Israel halte sich ebenfalls daran. Israel habe dem Waffenstillstand und dem Austausch zugestimmt, nachdem es nicht gelungen sei, die Geiseln durch seine Militäroffensive zu befreien, hieß es weiter. Das UN-Hilfswerk für Palästina-Flüchtlinge (UNRWA) forderte Israel auf, mehr Hilfe in das Gebiet zu lassen.
Von der Leyen verspricht EU-Hilfen für den Friedensplan
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen wertet die Freilassung der Geiseln durch die Hamas als Zeichen der Hoffnung und Chance für Friede. Die Rückkehr der Menschen aus der Gefangenschaft sei ein Moment der Erleichterung für die ganze Welt, schrieb sie in sozialen Netzwerken. "Es bedeutet, dass ein Kapitel geschlossen werden kann. Ein neues kann beginnen."
Von der Leyen kündigte zudem EU-Hilfe für den Friedensplan an. Der geplante Vertrag zur Beendigung des Krieges zwischen Israel und der Hamas werde ein historischer Meilenstein sein und die EU sei bereit, mit allen ihr zur Verfügung stehenden Mitteln zu seinem Erfolg beizutragen, teilte sie mit. Konkret wolle man etwa die Palästinensische Autonomiebehörde bei Reformen und bei der Verbesserung der Regierungsführung unterstützen. Zudem werde die EU eine aktive Kraft innerhalb der Gebergruppe für Palästina sein und EU-Mittel für den Wiederaufbau des Gazastreifens bereitstellen.
Emmanuel Macron glaubt an einen Frieden in Nahost
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron äußerte seine Freude auf der Plattform X: "Ich teile die Freude der Familien und des israelischen Volkes, nachdem sieben Geiseln gerade dem Roten Kreuz übergeben wurden." Macron nimmt am Montag mit Staats- und Regierungschefs aus mehr als 20 Ländern am Montag an einem Nahost-Gipfel im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich teil. Er bestätigte, dass auch Palästinenserpräsident Mahmud Abbas zu dem Gipfel erwartet werde. "Es ist ein gutes Signal, dass er eingeladen wurde", sagte Macron nach seiner Ankunft in Ägypten und fügte hinzu: "Frieden für Israel, Gaza und die Region wird möglich."
Das Wichtigste sei nun die Wiederaufnahme der Nothilfe im Gazastreifen. Frankreich werde sich außerdem gemeinsam mit den USA, den europäischen und arabischen Staaten dafür einsetzen, langfristig die Sicherheit zu garantieren. Dazu zählten die Ausbildung palästinensischer Sicherheitskräfte, die Entsendung einer internationalen Truppe und ein Rahmen für die Entwaffnung der Hamas, erklärte Macron. Es bestehe ein weitgehender Konsens, dass sich in erster Linie Länder der Region daran beteiligen sollten.
Der britische Premierminister Keir Starmer hat den heutigen Tag der Freilassung der ersten Geiseln durch die islamistische Hamas als Beginn der "entscheidenden Phase" zur Beendigung des Krieges bezeichnet. "Jetzt müssen wir dauerhaften Frieden und eine sichere Zukunft für die gesamte Region schaffen", schrieb Starmer auf der Plattform X. Großbritannien werde humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung in Gaza leisten.
Auch Starmer nimmt am Mittag an der "Nahost-Friedenszeremonie" anlässlich des Abkommens zwischen Israel und der Hamas im ägyptischen Küstenort Scharm el Scheich teil. Anreisen wird auch Bundeskanzler Friedrich Merz.
"Deutschland wird seinen Beitrag leisten"
Bundesaußenminister Johann Wadephul äußerte die Hoffnung, dass Israel und die Palästinenser im Nahost-Konflikt der Gewalt abschwören. "Ich hoffe, dass das palästinensische Volk jetzt einen Weg findet, sich auch von Hamas zu befreien", sagte Wadephul im Deutschlandfunk. Es liege "im ureigenen Interesse" der Palästinenserinnen und Palästinenser, dass sie friedlich zu ihrem legitimen Ziel kämen, in einem eigenen Staat zusammenzuleben. "Ich glaube im Übrigen, dass die wichtigste Motivation für die Palästinenser, sich abzukehren von Hamas, ist, dass sie eine realistische Chance auf eine eigene Staatlichkeit haben", sagte Wadephul.
Man sei jetzt an einem guten Ausgangspunkt für weitere Verhandlungen und Gespräche, die aber auch geführt werden müssten. Einen Einsatz deutscher Soldaten halte er in der Region jedoch nicht für die beste Lösung. "Wir werden sicherlich unseren Beitrag leisten. Deutschland wird einen entscheidenden Beitrag zum Wiederaufbau leisten. Das ist in der Bundesregierung vereinbart."
Auslöser des Kriegs war der Überfall der Hamas am 7. Oktober 2023, bei dem in Israel rund 1200 Menschen getötet und 251 als Geiseln genommen wurden. Israelische Luftangriffe und Bodenoffensiven haben seither den Gazastreifen verwüstet. Nach Angaben der dortigen, von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden wurden mehr als 67.000 Palästinenser getötet. Der Krieg hat zudem den Nahen Osten durch Konflikte Israels mit dem Iran, der libanesischen Hisbollah-Miliz und den Huthi im Jemen neu geformt.
Die Freilassungen sind ein zentraler Bestandteil der ersten Phase des Waffenruheabkommens, das in der vergangenen Woche im ägyptischen Badeort Scharm el-Scheich unter Vermittlung vor allem der USA, Ägyptens und Katars ausgehandelt worden war. Fortschritte auf dem Weg zu einem dauerhaften Frieden hängen nun auch von den Ergebnissen eines Gipfeltreffens ab, zu dem noch am Montag mehr als 20 Staats- und Regierungschefs unter der Führung von Trump in Scharm el-Scheich zusammenkommen, darunter auch Bundeskanzler Friedrich Merz. Offen ist nach wie vor, wie sich die Zukunft des Gazastreifens gestalten wird. Trump will am Vormittag noch eine Rede im israelischen Parlament, der Knesset, halten.