Peter Tamm kann sich genau erinnern, wann seine Leidenschaft für das Segeln begann: im zarten Alter von sechs Jahren. "1934 bekam ich von meiner Mutter ein Schiffsmodell geschenkt. Hätte sie gewusst, was sie damit auslöst, hätte ich das Schiffchen wohl nicht geschenkt bekommen", sagt Peter Tamm und grinst. Denn der stattliche Mann, den man häufig mit einer Zigarre im Mundwinkel sieht, besitzt inzwischen Europas größte Sammlung zur Seefahrtsgeschichte.
Zu dem Schiff, das seine Mutter ihm geschenkt hat, kamen im Lauf der Jahre über 25.000 weitere solcher kleinen Schiffsmodelle hinzu, die er in seinem "Wissenschaftlichen Institut für Schifffahrts- und Marinegeschichte Peter Tamm" sammelt. Und doch bilden sie nur einen Bruchteil seiner Sammlung. Über 5000 Gemälde, Aquarelle und Grafiken von 1570 bis heute, mehr als 1000 große Schiffsmodelle, 40.000 Konstruktionspläne von Schiffen, sowie eine Waffensammlung, die bis in das Jahr 1000 vor Christus reicht, füllen eine hochherrschaftliche Villa an der Hamburger Elbchaussee. Aber das ist noch nicht alles: Hinter dem Haus, das einen wunderschönen Blick hinab auf den Hamburger Hafen und die Elbe bietet, finden sich Exponate, die wegen ihrer Größe nicht ins Haus passen: Schiffskanonen, Bojen und Tonnen zur Markierung von Schifffahrtswegen sowie ein 15 Meter langes Schnellboot der DDR-Volksmarine.
"Welt unter Segeln"
Doch nicht nur für einige Ausstellungsstücke sind die Räume zu klein. "Wir haben in diesem Gebäude leider nicht die Möglichkeit, die Sammlung einer breiten Öffentlichkeit zu präsentieren. Deshalb habe ich mich entschlossen, die Ausstellung 'art maritim' ins Leben zu rufen", sagte der Hamburger Sammler. Dieses Jahr findet die "art maritim" bereits zum 21. Mal im Rahmen der "Hanseboot", einer internationalen Bootsausstellung, in Hamburg statt. Hatten die bisherigen 20 Ausstellungen jeweils ein Segelgeschichte eines Landes zum Thema, so lautet das diesjährige Motto "Welt unter Segeln" und stellt ein Novum dar: "Bei uns setzte sich die Idee durch, einmal einen eher allgemeinen Überblick zur Geschichte des Segelns zu geben", sagt Mäzen Peter Tamm, aus dessen Sammlung der Großteil der "art maritim"-Ausstellung stammt.
Unter den 150 Exponaten stellt Tamm einige Schmuckstücke seiner Sammlung aus. Große Modelle wichtiger Schiffstypen wie das eines Wikingerschiffes oder einer mittelalterlichen Hansekogge sollen die Entwicklung des Segelns von den Anfängen im antiken Ägypten bis zur Erfindung des Dampfschiffs im 19. Jahrhunderts veranschaulichen. Doch zeitgleich mit dem Ende der kommerziellen Segelschifffahrt legten die Fürstenhäuser den Grundstein für den heutigen Freizeitsport Segeln. So zeigt ein silberner Tafelaufsatz alle Yachten, die vom Bruder Kaiser Wilhelms II., Prinz Heinrich von Preußen, gesteuert wurden.
Schiffsmodelle aus Knochen
Besonders stolz ist Peter Tamm übrigens auf seine Knochenschiff-Sammlung. Diese Schiffsmodelle wurden aus Tierknochen gebaut, die Soldaten Napoleons in britischer Kriegsgefangenschaft aus den Küchenabfällen suchten. "Es kann aber sein, dass auch menschliche Knochen verarbeitet wurden. Die Sterblichkeit unter den Kriegsgefangenen war damals sehr hoch", sagt Tamm, der einen Großteil der erhaltenen Knochenschiffe besitzt.
"Art Maritim" in Hamburg
29. Oktober bis 6. November 2005, täglich von 10 bis 18 Uhr, Halle 9 (OG), Hamburger Messegelände
Begleitet wird die Ausstellung der historischen Stücke von einer Verkaufsausstellung moderner Marinemaler. "Gerade, weil die Marinemalerei ein wenig aus der Mode gekommen ist, wollen wir den Künstlern eine Plattform bieten", sagt Tamm. Schon viele Künstler haben sich durch diese Unterstützung etablieren können. Einige von Ihnen nehmen sogar Aufträge für Ölbilder oder Modelle von Sportbooten an.
Vom Segelsport hält Peter Tamm auch heute noch viel. "Beim Segeln gibt es, anders als in vielen Familien heutzutage, feste Strukturen. Der Sport kann junge Menschen formen", sagt der Sammler. Den Beweis, dass die Seefahrt aber auch negative Nebeneffekte haben kann, tritt er selbst an, indem er an seiner Zigarre zieht. Denn das Rauchen gewöhnte er sich als Seekadett auf einem Segelschiff an: "Eine Woche lang ging es mir schlecht, dann hatte ich mich an Zigarren gewöhnt und seitdem rauche ich sie". Eine Leidenschaft reicht einem Mann wie Peter Tamm eben nicht aus.