An die dramatische Nacht im Februar 1979 erinnert sie sich nicht mehr: Denn damals, in jener Nacht, wurde Anica Ehlers bei klirrender Kälte in einem Panzer geboren. Aber ihre Eltern denken noch oft an das Ereignis zurück und das extreme Wetter: Der Norden Deutschlands erlebte vor mehr als 40 Jahren einen Winter, der als "Schneekatastrophe" in die Geschichte eingegangen ist.
Zu den werdenden Eltern Gisela und Carl-Heinz Ehlers in Hellingst im Kreis Osterholz-Scharmbeck kam kein Krankenwagen durch, für einen Hubschrauberflug war das Schneetreiben zu dicht. Doch aus der Kaserne in Schwanewede kämpfte sich ein gepanzerter Mannschaftstransporter nach Hellingst durch und nahm das Paar an Bord. Unterwegs wurde Tochter Anica geboren. "Ich konnte nicht mehr warten", sagt sie heute.

Vielerorts war die Lage damals dramatisch – Bergepanzer waren auf der Autobahn 7 in der Lüneburger Heide unterwegs, Autos schneiten ein, eisige Stürme tobten und hinterließen gewaltige Schneemassen. Eine ähnliche Wetterlage könnte Norddeutschland am Wochenende treffen, wenn wieder milde Temperaturen im Süden und Schneeverwehungen und klirrender Frost im Norden erwartet werden. Die Schneemenge dürfte aber deutlich geringer ausfallen, sagt ein Meteorologe des Deutschen Wetterdienstes. In der Spitze würden bis zu 40 Zentimeter Schnee erwartet, damals sei es fast doppelt so viel gewesen.
Das Wetter in jener Zeit war extrem und bleibt in Erinnerung
Denn über den Jahreswechsel 1978/79 hatten die weißen Massen zuerst Schleswig-Holstein zugedeckt, im Februar 1979 brachte ein Sturm von Osten her tiefen Schnee über den Norden von Niedersachsen und der benachbarten DDR. Die Folgen: Der Bahnverkehr brach zusammen, Straßen wurden unpassierbar. Stundenlang mussten frierende Autofahrer auf der blockierten A7 ausharren. Ganze Dörfer hatten keinen Kontakt zur Außenwelt, in manchen Orten wurden Lebensmittel knapp. Vom 13. bis zum 18. Februar herrschte im Nordwesten von Niedersachsen Katastrophenalarm. Nur die Kinder freuten sich, weil sie tagelang schulfrei hatten.
Hilfe kam damals oft von der Bundeswehr. Weil die Räumfahrzeuge die Schneemassen kaum bewältigten, versuchten Bundeswehrsoldaten die Autobahn zwischen Hamburg und Hannover mit Bergepanzern vom Schnee zu befreien. Mit Schaufeln arbeiteten sich viele Menschen daran ab, ihre Autos gleichsam auszugraben.
Von Hellingst ruckelte der Panzer mit den werden Eltern eine Stunde in der eigenen Spur zurück auf die halbwegs passierbare Bundesstraße 74. Noch im Panzer, mitten auf einer Kreuzung, wurde das Kind geboren: "Das war eine abenteuerliche Fahrt. Die Heizung war ausgefallen, es war lausig kalt." Ihre Mutter habe geglaubt, schon Kilometer gefahren zu sein - doch da waren erst ein paar Meter geschafft, der Panzerfahrer konnte im Schneesturm kaum etwas sehen.
Die Schneekatastrophe dauerte lange an
Schließlich kam der Hausarzt dazu, weiter ging es auf der Bundesstraße im Krankenwagen. Der Säugling wurde in eine Jacke gewickelt und war glücklicherweise gesund. "Nicht einmal ein Schnupfen", sagt Anica Ehlers. Der Schnee blieb im Frühjahr 1979 lange liegen. Als es taute, gab es viele Überschwemmungen. Seitdem hat es im Norden Deutschlands nicht mehr so lange geschneit.