Zeugen, Ermittlungen, Leichenfund Was über den Fall Tanja Gräff bisher bekannt ist

Vor acht Jahren verschwand Tanja Gräff spurlos, jetzt wurde ihre Leiche gefunden. Gelöst ist der rätselhafte Fall damit aber noch lange nicht. Die bisher bekannten Fakten in der Zusammenfassung.

Was war passiert?

Am 7. Juni 2007 besucht Tanja Gräff mit einer Clique das Sommerfest der FH Trier. 10.000 junge Menschen feiern an diesem Abend auf den Parkplätzen rund um die Hochschule. Es ist ungefähr 3.50 Uhr in der Nacht, als Tanja Gräff an einem Bierstand mit einer unbekannten Person ins Gespräch kommt. Zu diesem Zeitpunkt ist nur noch ein Mitglied aus Tanja Gräffs Clique mit ihr unterwegs. Der Begleiter wird später aussagen, dass der Unbekannte ihn mit den Worten "Lass die Tanja in Ruhe" angefahren habe - daraufhin sei er weitergegangen. Tanja Gräff bleibt mit dem unbekannten Mann am Bierstand. Gegen vier Uhr morgens beobachtet ein anderer Zeuge sie mit einer Gruppe Männer. Um 4.13 Uhr telefoniert sie mit Andreas, ihrem Schwarm, den sie erst seit ein paar Wochen kennt. Es ist ihr letztes Lebenszeichen.

Wer waren die Zeugen?

Bis heute ist der Mann, der "Lass die Tanja in Ruhe" gesagt haben soll, nicht identifiziert. Dunkelhaarig und 1,80 Meter groß soll er sein - eine Beschreibung, so schwammig, dass sie auf einen beträchtlichen Teil der männlichen Gäste des Uni-Festes zutreffen dürfte. Auch ein anderer Mann gibt Rätsel auf: Der "Spitzbart", wie ihn Detlef Böhm, der Anwalt von Tanja Gräffs Mutter Waltraud Gräff, nennt. Er stand mit Tanja Gräff in der Gruppe, es lag eine genaue Beschreibung vor - aber erst vier Jahre später wurde er befragt. Ausschlaggebend dafür war der Leserbrief eines pensionierten Polizisten an den "Trierischen Volksfreund". In dem Schreiben wirft er der Polizei schwere Versäumnisse vor, weil "Spitzbart" ein wichtiger Zeuge hätte sein können. Die Polizei wies die Vorwürfe zurück. Als "Spitzbart" schließlich befragt wurde, soll er nur angegeben haben, auf dem Fest gewesen und irgendwann nach Hause gefahren zu sein. Allerdings wurde sein Handy noch zu einem späteren Zeitpunkt an der FH geortet. Daraufhin gab "Spitzbart" an, im Auto übernachtet zu haben - und Tanja Gräff überhaupt nicht zu kennen.

Was hat es mit den Schreien auf sich?

In der Nacht von Tanja Gräffs Verschwinden wurde ein Anwohner laut eigener Aussage um 4.30 Uhr von einem panischen Frauenschrei geweckt, der aus Richtung einer inzwischen abgerissenen Kabinenbahn gekommen sei. Die Bahn befand sich in unmittelbarer Nähe zum späteren Fundort der Leiche. Auch andere Anwohner hatten damals Hilfeschreie in der Gegend gehört. Sie sollen nun noch einmal befragt werden.

Warum wurde die Leiche erst jetzt gefunden?

Es mutet merkwürdig an: Der Fundort, an dem die sterblichen Überreste von Tanja Gräff gefunden wurden, liegt nur wenige Hundert Meter entfernt von der FH, am Fuße eines steilen Hangs, hinter einem Wohnhaus. Mehrfach wurde dieses dicht bewachsene Gebiet abgesucht. Chefermittler Christian Soulier sagte auf einer Pressekonferenz: "Man kann nicht jedes Dickicht durchsuchen." Die Felsen seien zu Fuß - wenn überhaupt - nur sehr schwer zugänglich. Es ist also reiner Zufall, dass die Knochen von Tanja Gräff acht Jahre später im Rahmen von Rodungsarbeiten entdeckt wurden.

Wie verliefen die Ermittlungen bisher?

Nach dem Verschwinden von Tanja Gräff hatte die Polizei mit einem Großaufgebot von Beamten, Hunden und mit Wärmebildkameras ausgerüsteten Hubschraubern die Umgebung der Hochschule abgesucht. In den folgenden Jahren gingen zum Fall mehr als 2000 Hinweise bei der Staatsanwaltschaft ein. Auch eine Ausstrahlung des Falls in der ZDF-Reihe "Aktenzeichen XY... ungelöst" hatte die Polizei nicht weitergebracht.

Wie gehen die Ermittlungen jetzt weiter?

"Ein Leichenfund bietet immer eine Fülle von neuen Möglichkeiten", sagt Richard Thiess, ehemaliger stellvertretender Leiter des Mordkommissariats in München dem stern in einem Interview: "Die Chance für neue Ermittlungen." Deshalb wird der mysteriöse Fall jetzt noch einmal neu aufgerollt, alle 800 Spuren abermals überprüft. "Es ist noch ein weiter Weg bis zur Aufklärung des Todes von Tanja Gräff", sagt der leitende Oberstaatsanwalt Peter Fritzen.

tim

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