Die Studentin Tuğçe Albayrak und der 21-jährige Joey K.: Zwei junge Menschen verloren in den vergangenen Wochen ihr Leben, weil sie anderen helfen wollten. Taxifahrer Tanju Coruh aus Oldenburg ließ sich davon nicht abschrecken. Er schritt ein, als er eine Schlägerei beobachtete - und verhinderte so, dass ein Mann totgeprügelt wurde. Doch Coruhs Arbeitgeber zeigte sich wenig erfreut über die Zivilcourage seines Mitarbeiters: Er feuerte den 25-Jährigen.
Die Geschichte spielte sich Anfang Dezember ab. Nach Informationen der Nordwest-Zeitung (NWZ) war der Tatort wie schon bei der Attacke gegen Tuğçe auch diesmal ein Parkplatz. Vor einer Flüchtlingsunterkunft waren demnach zwei Männer aneinander geraten. Ein 19-Jähriger habe plötzlich heftig zugeschlagen und traf sein Gegenüber im Gesicht. Der 36-Jährige fiel zu Boden, bewusstlos. Den Angreifer hielt das nicht ab: Er soll dem Mann noch mehrmals gegen den Kopf getreten haben.
Coruh, der nur zum Nebenerwerb Taxi fährt, kam in diesem Moment dazu. Er hatte in der Nähe einen Fahrgast abgeliefert und beobachtete die Szene. Er stieg aus, schrie den Täter an und verscheuchte ihn. Dank seiner Hilfe wurde der Angreifer später identifiziert und festgenommen. Der mutmaßliche Täter sitzt in Untersuchungshaft, gegen ihn wird wegen versuchten Totschlags ermittelt. Doch für den Taxifahrer selbst hatte der Einsatz unschöne Folgen, er wurde nach seiner Rückkehr in den Betrieb entlassen. Grund: der zweistündige Arbeitsausfall.
Auch die Polizei zeigt kein Verständnis
Coruh bekam dicken Ärger. Er führe sich auf "wie Superman", herrschte ihn sein Chef laut NDR an. Er solle einfach Touren fahren.
In Oldenburg hat die Geschichte reichlich Empörung nach sich gezogen. In den sozialen Netzwerken wettern Nutzer gegen das Taxiunternehmen. Auch die Polizei zeigte kein Verständnis: Coruh habe sich vorbildlich verhalten und sei "ein herausragendes Beispiel für Zivilcourage", zitiert die NWZ einen Sprecher. Das Unternehmen schickte der Zeitung derweil eine Gegendarstellung: Man habe "im Vorfeld bereits mehrfache Probleme mit Herrn C." gehabt. Er habe am Telefon falsche Angaben zu dem Vorfall gemacht, das habe das Fass zum Überlaufen gebracht.
Offenbar ist aber auch dem früheren Arbeitgeber langsam klar geworden, dass er übereilt gehandelt hat - oder auch einfach, dass so eine Geschichte wenig gewinnbringend ist für sein Unternehmen. Jedenfalls hat er sich laut NDR bei Coruh entschuldigt. Es habe zuvor mehrere Verfehlungen gegeben, weswegen dieser Vorfall falsch bewertet worden sei. Das ganze sei dann letztlich ein Missverständnis und ein Fehler gewesen. Man habe dem Fahrer eine Rückkehr angeboten. Zu seinem früheren Arbeitgeber zurück möchte Coruh aber nicht.