Abhörskandal in Großbritannien Cameron vermutet illegale Methoden auch bei anderen Medien

Der britische Premierminister David Cameron vermutet unlautere Recherchemethoden auch bei anderen Medien als bei "News of the World". Er kündigte an, dass weitere Zeitungen und Fernsehsender überprüft werden.

Neben dem Boulevardblatt "News of the World" haben nach Ansicht des britischen Premierministers David Cameron auch andere Medien unlautere Recherchemethoden angewendet. Deshalb werde der geplante richterliche Untersuchungsausschuss auch weitere Zeitungen, Fernsehsender und andere Medien unter die Lupe nehmen, kündigte Cameron am Mittwoch bei einer außerordentlichen Parlamentssitzung in London an. Dazu gehöre auch der britische Sender BBC sowie weitere renommierte Medien.

Zudem hatte David Cameron hat in einer Rede zum Abhörskandal um die Boulevardzeitung "News of the World" gesagt, "in Rückschau" hätte er den früheren Chefredakteur des Blatts, Andy Coulson, nicht als seinen Pressechef eingestellt. "Natürlich" bedauere er den durch Coulsons Ernennung ausgelösten Skandal, sagte Cameron bei der turbulenten Sitzung am Mittwoch im Londoner Unterhaus. "Man trifft Entscheidungen nicht in Rückschau, man trifft sie in der Gegenwart. Man lebt und lernt, und glauben Sie mir, ich habe gelernt", versicherte Cameron.

Coulson war von 2003 bis 2007 Chefredakteur der infolge des Skandals inzwischen eingestellten Boulevardzeitung. In dieser Zeit sollen Journalisten des Blatts die Telefone zahlreicher Prominenter und Politiker abgehört und Polizisten bestochen haben. Coulson streitet ab, von den Aktionen gewusst zu haben. Im Januar musste er jedoch wegen des Abhörskandals als Camerons Pressechef zurücktreten und wurde vergangene Woche vorübergehend festgenommen.

Cameron lehnte es am Mittwoch ab, sich zum derzeitigen Zeitpunkt für die Einstellung Coulsons zu entschuldigen. "Ich habe eine altmodische Haltung zur Unschuldsvermutung bis zum Beweis der Schuld. Doch wenn sich herausstellen sollte, dass ich belogen wurde, wäre dies der Moment für eine klare Entschuldigung", sagte Cameron.

Der Labour-Abgeordnete Chris Bryant sagte unterdessen dem Rundfunksender BBC, das Büro von Königin Elizabeth II. sei "sehr beunruhigt" über die Einstellung Coulsons gewesen. Hochrangige Beamte im Buckingham Palace hätten Camerons Büro dies damals mitgeteilt. "Ich bin nicht sicher, ob diese Information jemals den Premierminister selbst erreichte, doch sie erreichte mit Sicherheit hochrangige Leute in Downing Street", sagte der Oppositionsabgeordnete. Ein Sprecher des Palasts wies die Behauptung umgehend als "unverschämt" zurück.

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