Brasilien rätselt nach dem Blutbad an einer Schule in Rio de Janeiro mit mindestens zwölf getöteten Kindern über die Motive des Täters. Der 23 Jahre alte Angreifer hatte früher selbst die Schule besucht. Er hinterließ einen wirren, stark religiös geprägten Abschiedsbrief. Am Donnerstag nahm er sich das Leben, nachdem er von einem Polizisten angeschossen worden war.
Wellington Menezes de Oliveira war am Morgen in die Tasso-da-Silveira-Schule im Stadtteil Realengo eingedrungen und hatte das Feuer auf die Schüler eröffnet. Nach Polizei-Angaben tötete er zwölf Kinder, zehn Mädchen und zwei Jungen. Mindestens elf Menschen wurden teils schwer verletzt, einige erlitten Kopfwunden. Das nahegelegene Krankenhaus rief Anwohner zu Blutspenden auf.
Wirrer Abschiedsbrief
Die Ermittler fanden in den Taschen des Täters einen wirren Abschiedsbrief, der belegte, dass er die Tat geplant und seinen eigenen Tod vorbereitet hatte. Warum der 23-Jährige hierfür in seine ehemalige Schule zurückgekehrt war, ging aus dem Schreiben nicht hervor. Die Adoptiveltern des Amokläufers berichteten, er sei vor acht Monaten von zu Hause ausgezogen.
In seinem Abschiedsbrief hinterließ de Oliveira genaue Anweisungen für seine Bestattung. Er solle vollständig entkleidet, gewaschen und dann mit einem weißen Totenhemd bekleidet werden, das er sogar extra zur Schule mitgenommen hatte. Außerdem forderte er, dass ein "treuer Anhänger Gottes" vor seiner Beerdigung an seinem Grab um Vergebung für seine Taten beten solle.
An anderer Stelle heißt es: "Nichts Unreines kann mein Blut berühren". Kein "Unkeuscher" könne ihn ohne Handschuhe berühren - "nur die Keuschen oder diejenigen, die ihre Keuschheit durch Heirat verloren und keinen Ehebruch begingen, können mich ohne Handschuhe berühren".
Polizist verhindert noch mehr Blutvergießen
An der Schule befanden sich am Morgen der Tat etwa 400 Schüler zwischen neun und 15 Jahren. Menezes de Oliveira hatte den Behörden zufolge angegeben, er wolle vor Schülern einen Vortrag halten. Im Inneren des Gebäudes eröffnete er dann das Feuer.
Nach Angaben eines Polizeisprechers lieferte sich ein an der Schule eintreffender Polizeibeamter einen Schusswechsel mit dem Angreifer und verletzte diesen am Bein. Menezes de Oliveira habe sich dann selbst in den Kopf geschossen. "Wenn die Polizisten nicht so schnell eingetroffen wären, wäre die Tragödie noch größer geworden", sagte Polizeisprecher Djalma Beltrame. "Der Mann hatte viel Munition und zwei Waffen bei sich."
Die 13 Jahre alte Pamela, die bei dem Amoklauf mehrere Freundinnen verlor, befand sich im dritten Stock, als sie die Schüsse hörte. Sie sei mit Mitschülerinnen in das Auditorium im vierten Stock geflohen. "Wir haben die Türen des Auditoriums verbarrikadiert, wie es die Lehrer gesagt haben", sagte das Mädchen. "Wir hatten riesige Panik."
Politiker zeigen sich geschockt
Brasiliens Präsidentin Dilma Rousseff sagte in einer Ansprache im Fernsehen mit Tränen in den Augen, sie sei "schockiert und fassungslos." "Unschuldige Kinder haben ihr Leben und ihre Zukunft verloren." Bildungsminister Fernando Haddad sprach von einer "Tragödie", die einmalig sei in der Geschichte Brasiliens. Zwar hat Brasilien eine hohe Kriminalitäts- und Mordrate; vergleichbare Amokläufe an Schulen hatte es dort aber bislang nicht gegeben.