Nordrhein-Westfalen Zweiter Prozess nach Säureattacke auf Manager beginnt: Die Suche nach dem Auftraggeber

Manager Bernhard Günther im Gerichtssaal während des inzwischenen abgeschlossenen ersten Prozesses um den Säureanschlag
Spitzenmanager Bernhard Günther vermutet bis heute, dass die Säureattacke auf ihn einen beruflichen Hintergrund hatte
© Oliver Berg / DPA
Die Säureattacke auf Spitzenmanager Bernhard Günther sorgte 2018 für Entsetzen. Fast sechs Jahre später muss sich wegen der grausamen Tat ein zweiter Verdächtiger vor Gericht verantworten. Aber wer war der Auftraggeber?

Bernhard Günther war nach der sonntäglichen Joggingrunde mit einer Tüte Brötchen auf dem Heimweg, als ihm in Haan bei Düsseldorf zwei Maskierte auflauerten. Sie überschütteten den Manager mit hochkonzentrierter Schwefelsäure und verätzten ihn dadurch schwer. Das ist fast sechs Jahre her.

Einer der Täter ist inzwischen rechtskräftig zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Am Mittwoch beginnt nun ein weiterer Prozess vor dem Landgericht. Dann muss sich ein 36-Jähriger als Angeklagter verantworten. Er soll der zweite Maskenmann gewesen sein.

Der 36-Jährige war schon einmal festgenommen worden, Günther hatte sogar ausgesagt, ihn wiederzuerkennen. Dennoch kam der Mann wieder auf freien Fuß, weil die Beweise nicht reichten. Doch im vergangenen Frühjahr klickten die Handschellen erneut.

Zweiter Angeklagter schweigt bisher

Was die Verdachtslage gegen ihn inzwischen so sehr erhärtet hat, dazu halten sich Ermittler und Justiz bislang bedeckt. Nur so viel: Der bereits verurteilte Belgier habe bei seiner Aussage im Gerichtssaal Namen genannt und Dinge geschildert, die Anlass für weitere Ermittlungen waren, sagt eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft.

Das hatte der Vorsitzende Richter damals in seiner Urteilsbegründung bereits angedeutet: Es seien Umstände zu Tage gefördert worden, nach denen Günther mit dem Wiedererkennen des anderen Mannes doch richtig gelegen haben könnte.

Mit einem Geständnis können die Richter nicht rechnen. Bislang hat der Angeklagte zu den Vorwürfen geschwiegen und das dürfte er auch weiter tun. "Die Anklage basiert ausschließlich auf Indizien", sagt sein Verteidiger Urban Slamal.

Im Gegensatz zum ersten Verfahren will Bernhard Günter dem Verfahren zunächst fernbleiben. "Er will abwarten, bis er seine Zeugenaussage am 11. Januar hinter sich gebracht hat", sagt sein Anwalt Martin Meinberg.

Auftraggeber der Säureattacke auf Bernhard Günther unklar

Ziel sei nach wie vor, den Auftraggeber des heimtückischen Anschlags ans Licht zu bringen. Er gebe die Hoffnung nicht auf, sagt Meinberg. Immerhin sei das Verfahren schon eingestellt gewesen und jetzt drohe einem weiteren mutmaßlichen Mittäter eine lange Haftstrafe.

Der Hinweis auf den Angeklagten und den Verurteilten war von einem unbekannten Hinweisgeber gekommen, der gegen erhebliche Geldzahlungen von mehr als 150.000 Euro die Namen genannt hatte. Das Energieunternehmen Innogy, bei dem Günther zur Zeit der Tat Finanzvorstand war, hatte nach der Tat eine hohe Belohnung für die Ergreifung der Täter ausgesetzt.

Der inzwischen 56-jährige Günther musste mehrfach operiert werden. Augenlider und Teile seiner Gesichtshaut wurden transplantiert. Aus Sicht von Günthers Anwalt Martin Meinberg ging es bei der Attacke darum, Günther als beruflichen Konkurrenten aus dem Weg zu schaffen.

Günther war damals Finanzchef des Energiekonzerns Innogy, der wenige Tage später vom Eon-Konzern übernommen wurde. Er vermutet einen Auftraggeber aus dem beruflichen Umfeld als Drahtzieher, nennt aber keinen Namen. Eine solche Tat sei im Wirtschaftsleben einmalig, hatte Meinberg gesagt.

Das potenzielle Ziel des Anschlags, Günthers Zukunft als Spitzenmanager zu verbauen, hat die Tat nicht erreicht: Er kehrte nach der Attacke auf seinen Vorstandsposten zurück. Heute ist er Finanzvorstand des finnischen Energiekonzerns Fortum, der mehr als 19.000 Menschen beschäftigt.

DPA
mkb, Frank Christiansen

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