Dennis-Prozess Drei Jahre tot in der Kühltruhe

Am Donnerstag beginnt vor dem Landgericht Cottbus der Prozess um den grausamen Tod des kleinen Dennis. Von der Mutter gehasst, wurde er bis in den Tod geschunden.

Der kleine Dennis wurde nur sechs Jahre alt. Dann verschwand das schulpflichtige Kind im Frühsommer 2001 spurlos von der Bildfläche. Niemand schien ihn zu vermissen. Etwa drei Jahre später, am 21. Juni 2004, entdeckten Polizisten seine Leiche in der Wohnung der Eltern im Cottbuser Stadtteil Sandow. Der verweste Körper lag in der abgeschalteten Kühltruhe in der Küche.

Von diesem Donnerstag an will das Landgericht Cottbus die Umstände der grausigen Tat klären. Angeklagt sind die arbeitslosen Eltern des im Januar 1995 geborenen Jungen. Die Staatsanwaltschaft wirft der 44 Jahre alten Frau und ihrem 38 Jahre alten Mann Totschlag und Misshandlung eines Schutzbefohlenen vor.

Motiv: Geldgier

Außerdem muss sich die Mutter, die elf Kinder geboren hat, wegen Betruges verantworten. Sie soll vom Sozialamt für Dennis noch bis November 2003, also etwa zweieinhalb Jahre nach seinem Tod, insgesamt 3786 Euro kassiert haben. Für den Prozess sind zehn Verhandlungstage bis 11. Januar 2006 angesetzt.

Die 44-Jährige belog laut Anklage ihren Mann, die sieben in der Plattenbauwohnung lebenden Geschwister von Dennis sowie die Mitarbeiter der Behörden und Einrichtungen. Sie erzählte allen, der Junge sei krank und danach zur Kur. Ihr Motiv sei Geldgier gewesen.

Entkräftet, verwahrlost und vereinsamt

Nach Erkenntnissen der Ermittler haben die Eltern Dennis auf sträfliche Weise vernachlässigt und drangsaliert. Der kleine Junge sei schlecht ernährt worden und nie beim Arzt gewesen. Die Mutter soll ihren Sohn gehasst und als Störfaktor empfunden haben. Etwa ein Jahr vor seinem Tod habe sie begonnen, ihn zeitweise an das Bett zu fesseln und zu schlagen. Dennis starb entkräftet, verwahrlost und vereinsamt.

Um die Familie von der Kühltruhe mit der Leiche fern zu halten, täuschte die Mutter den Ermittlern zufolge vor, das Gerät sei defekt. Auf der Truhe lag eine Decke, und darauf stand die Kaffeemaschine. Der Stecker der Kühltruhe war gezogen, doch der Verwesungsgeruch drang nicht in die Küche. Die Eltern kamen für einige Tage in Untersuchungshaft und sind seitdem auf freiem Fuß.

Niemand forschte konsequent nach dem Verbleib von Dennis

Für Unverständnis und Empörung in der Öffentlichkeit sorgte, dass sich Mitarbeiter des Cottbuser Sozialamtes, des Schulamtes und des Jugendamtes nicht konsequent nach dem Verbleib des Jungen forschten und sich mit den Erklärungen der Mutter zufrieden gaben. Das Schulamt bestand auch nicht auf der Vorlage eines schulärztlichen Attestes.

Die Mutter meldete Dennis erst 2002 mit einjähriger Verspätung zur Schule an und verwies aber zugleich darauf, dass er weiterhin im Krankenhaus sei. "Unsere Mitarbeiter hatten keine Zweifel an den Aussagen der Mutter", betonte damals die Oberbürgermeisterin Karin Rätzel (parteilos).

Potsdamer Bildungsministerium forderte Konsequenzen

Personelle Konsequenzen in den Cottbuser Behörden hatte der Fall nicht. Doch die Stadtverwaltung legte einen Elf-Punkte-Plan vor, um die Schulpflicht konsequent durchzusetzen. Das Bildungsministerium in Potsdam listete in einem Untersuchungsbericht etliche Pannen der Cottbuser Ämter auf und forderte Konsequenzen. So soll die Meldepflicht für einzuschulende Kinder strikt durchgesetzt werden, damit kein Kind mehr so wie Dennis unbemerkt verschwinden kann.

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Peter Jähnel/DPA

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