Nach mehr als 40 Stunden in der Gewalt ihres Peinigers ist am Dienstag ein 13 Jahre altes Mädchen unblutig aus der Gewalt eines Geiselnehmers befreit worden. Der Mann, der das Kind nach Angaben der Polizei sexuell missbraucht hatte, beendete die Entführung auf Druck der Polizei freiwillig. Er ergab sich am Morgen in Münster.
Das Opfer wurde in die Obhut von Psychologen gegeben und medizinisch untersucht. Bei dem Geiselnehmer handelt es sich nach Angaben der Polizei um einen 37 Jahre alten Niederländer. Er war von einem Freigang aus der Forensik in Utrecht nicht zurückgekehrt und wird deshalb seit 11. Mai gesucht. Der Mann hat eine einschlägige Vorgeschichte. Bereits vor zehn Jahren soll er nach Informationen aus Polizeikreisen einen Menschen entführt und vergewaltigt haben.
Erste Entführung gescheitert
Der 37-Jährige hatte sein Opfer am Sonntag im niederländischen Grenzort Rekken gekidnappt. Nur eine Stunde zuvor war er im 20 Kilometer entfernten Ahaus an einer 15-jährigen Deutschen gescheitert. Das Mädchen hatte sich gemeinsam mit einer Freundin in Sicherheit bringen können. Die beiden Jugendlichen lieferten der Polizei wertvolle Hinweise zur Täterbeschreibung.
Ein Zeuge aus dem Raum Greven brachte die Ermittler schließlich auf die Spur des Geiselnehmers. Als die Beamten den Niederländer ansprachen, bedrohte dieser seine Geisel mit einem Messer und flüchtete mit dem Auto. Mehrere Streifenwagenbesatzungen folgten ihm bis ins rund 15 Kilometer entfernte Münster. Zuvor war in den Niederlanden und in Deutschland unter anderem mit einem Hubschrauber erfolglos nach dem Kind gesucht worden.
Fluchtauto gestoppt
In Münster gelang es den Verfolgern mit Hilfe eines Zufalls, den Wagen zu stoppen und einzukreisen. Das Fluchtauto war gegen einen unbeteiligten Wagen eines 24-Jährigen geprallt. Der Flüchtende, der bei dem Unfall auch mit zwei Polizeiautos kollidierte, konnte zum Anhalten gezwungen werden."Er hat das Mädchen bedroht, sonst hätten wir eingreifen können", sagte ein Polizeisprecher.
Mehr als sechs Stunden später konnten Polizeipsychologen mit Hilfe von Angehörigen des Geiselnehmers den Mann zur Aufgabe bewegen. Er wurde zum Verhör zum Polizeipräsidium Münster gebracht. Ob die deutschen Behörden noch am Dienstag einen Haftbefehl beantragen werden, blieb zunächst unklar. An dem Einsatz in der Nacht zum Dienstag waren waren mehrere hundert Polizisten beteiligt, darunter auch Spezialeinsatzkräfte und Ermittler aus den Niederlanden.
Verlauf der Geiselhaft noch unklar
Die Eltern des Opfers - der Vater ist Koch in einem Chinarestaurant - trafen in Münster bei ihrer Tochter ein. Die Familie asiatischer Abstammung wohnt seit acht Jahren in den Niederlanden. Was während der Geiselhaft genau mit dem Opfer geschah, war zunächst noch unklar.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) zollte der Polizei im Zusammenhang mit dem Beenden der Geiselnahme hohes Lob."Geiselnehmer haben in Nordrhein-Westfalen keine Chance", sagte der Minister."Ich freue mich über die gewaltlose Beendigung des Falls und die Befreiung des Opfers durch die Polizei", betonte Behrens.