Der Vater von Natascha Kampusch, Ludwig Koch, erhebt schwere Vorwürfe gegen die Betreuer seiner Tochter. Nur drei Mal habe er Natascha bisher sehen dürfen, seit sie aus der Gefangenschaft im Haus ihres Entführers geflohen war - und das nie allein. "Natascha ist aus ihrem Verlies entkommen. Und man hat sie mir sofort weggenommen. Sie ist im Grunde wieder weggesperrt", sagte der 51-Jährige der deutschen Illustrieren "die aktuelle". Er habe sie zum zweiten Mal verloren, klagte Koch weiter.
Kritik an Nataschas Psychiater
Kritik übte Koch auch am Zeitpunkt des Fernsehinterviews mit seiner Tochter. Dies sei "viel zu früh gewesen". Er sei überzeugt, dass Natascha von ihren Betreuern manipuliert werde, besonders von dem Wiener Kinder- und Jugendpsychiater Max Friedrich. "Mehrere Psychiater haben mir versichert, es wäre das Beste, wenn Natascha sich bei ihrer Familie erholen würde. Auch die Familie sollte unterstützt werden. Friedrich meint es aber anders und die Situation ist, wie sie ist", sagte Koch dem italienischen Staatssender RAI 2.
Der 51-Jährige, der früher zwei Bäckereien betrieb, berichtet in "die aktuelle" weiter, er habe in den acht Jahren nach dem spurlosen Verschwinden seiner Tochter nur für den Moment gelebt, Natascha wieder in die Arme zu schließen. Alles habe er in der Zwischenzeit verloren, auch das Haus, in dem er nun zur Miete wohne. Seinen eigenen Angaben zufolge habe er Medikamente genommen und Alkohol getrunken, um seine Gedanken zu betäuben. Und nun verbiete man ihm die Nähe zu seinem Kind, kritisierte der Mann. "Ich, der Vater muss betteln, um Natascha zu sehen. Ist das nicht der Wahnsinn?" Nach Informationen des stern hatte Koch zum ersten Treffen mit Natascha eine Kamera mitgenommen, um Bilder von seiner Tochter an die Presse zu verkaufen. Daraufhin wurde ihm der Umgang mit Natascha vorerst verboten.
Natascha denkt an Zukunft
Ein Handy, das der Vater seiner Tochter gegeben hatte, bleibe still. Koch geht davon aus, dass Natascha das Handy abgenommen wurde. Offenbar hielten die Berater ihn für gefährlich, klagt Koch verständnislos. Dass er bei den bisherigen Gesprächen nicht mit seiner Tochter allein reden konnte, kann Koch nicht verstehen. Ein Grund dafür sei ihm nicht genannt worden. Dass dies der Wunsch seiner Tochter sei, wie Friedrich es ihm zu verstehen gebe, will Koch nicht glauben.
Unterdessen denkt Natascha Kampusch bereits an die Zukunft. In einem Interview mit der Zeitung "News" berichtet die 18-Jährige, den Medientrubel habe sie mit gemischten Gefühlen erlebt. "Einerseits freue ich mich über die Anteilnahme, andererseits schränkt das Ganze natürlich auch die Möglichkeit eines normalen Lebens ein", sagte Kampusch. Zunächst stünden einige ärztliche Untersuchungen an. So werde die Lichtempfindlichkeit ihrer Augen untersucht. Zudem stehe ein Besuch in einer Zahnklinik an.
Kampusch bekräftigte auch, bei den Nationalratswahlen am 1. Oktober ihre Stimme abgeben zu wollen: "Ja, ich werde wählen gehen. Und ich hab‘ mich schon ausreichend politisch informiert", sagte die junge Frau, die 3096 Tage von einem Entführer festgehalten wurde.
In einer Umfrage des Klagenfurter Humaninstituts gaben 65 Prozent der befragten Österreicher an, sie würden sich emotional stark mit dem Schicksal von Natascha Kampusch identifizieren. Auf die Frage, welche Ängste der Fall Natascha in ihnen ausgelöst habe, nannten 42 Prozent die Angst, jemanden ausgeliefert zu sein und 28 Prozent die Platzangst.