Kurt-Werner Wichmann galt als Frauenheld. Blonde Haare, Sonnenbrille, stets ein gepflegtes Aussehen. Doch der Mann, der am Waldesrand von Göhrde in der Nähe von Lüneburg wohnte, war auch ein Sonderling, trug sogar im Hochsommer Handschuhe. So beschreibt die "Zeit" den mutmaßlichen "Göhrde-Mörder". Die Nachbarn dachten sich nicht viel dabei und doch lebte eine der berüchtigsten deutschen Serienmörder mitten unter ihnen. Der Friedhofsfgärtner - so der aktuelle Ermittlungsstand - soll zum Ende der 1980er Jahre mindestens fünf Menschen getötet haben. Darunter zwei Pärchen und die seit seit 1989 verschwundene Birgit Meier, deren Leiche erst 2017 entdeckt wurde.
Ermittler haben seit April 2018 insgesamt 423 Gegenstände auf dem ehemaligen Grundstück des Serienmörders geborgen. Darunter etliche Damenschuhe, Kleider, Handtaschen, Messer und Schmuck. Die Lüneburger Polizei stellte einige Beweise ins Internet und erhofft sich dadurch neue Hinweise. Denn der Fall Wichmann ist wieder neu aufgerollt worden. Ist der sogenannte Göhrde-Mörder womöglich für weitaus mehr Taten verantwortlich? Das ist die große Frage für die Polizei. Wichmann selbst kann nicht mehr aussagen. Er beging 1993 Suizid.
Damenschuhe, Handtaschen, Waffen: Die Galerie des Grauens
Von den sichergestellten Beweisstücken seien 217 Gegenstände untersuchungsrelevant, so die Lüneburger Polizei. Die "Ermittlungsgruppe Göhrde" versucht das Puzzle um die Taten von Kurt-Werner Wichmann zusammenzusetzen. Gut ein Jahr nach Beginn der Ausgrabungen äußerte sich die Polizei via Pressekonferenz zu dem Fall und erstellte ein Täterprofil des mutmaßlichen Serienmörders. Wo er lebte, was für ein Auto er fuhr, wie er bei seinen Taten vorging. Dieses Dokument schickten die Beamten an deutsche und ausländische Dienststellen, in der Hoffnung dass sich auf diese Weise auf andere, ungeklärte Fälle schließen ließe. Mit Erfolg, etliche Polizeidirektionen meldeten sich. 236 sogenannte Cold Cases werden auf einen Zusammenhang mit Kurt-Werner Wichmann als mutmaßlichen Täter geprüft. Darunter weitere Morde, Vergewaltigungen und Vermisstenfälle.

"Einer, der noch unter uns ist" – Wer war Wichmanns Komplize?
Durch die Veröffentlichung der Fotos sollen die Fälle nun – je nach Priorität – genauer untersucht werden. Neben zahlreichen Waffen wie Messern oder Revolvern stellte die Polizei Damenschuhe und Handtaschen sicher. Auch Kleider und Hosen sind unter den Ausgrabungsstücken, die die Polizei Lüneburg auf ihrer Website veröffentlichte. Wem eins oder mehrere Asservaten bekannt vorkommen, oder wer Hinweise zu den Gegenständen geben kann, kann sich unter der Rufnummer 04131-8306-1171 bei der Polizei melden.
Das Rätsel um Kurt-Werner Wichmann wird immer größer, die Herausforderung für die Ermittler ebenso. Knapp 200 ungeklärte Fälle müssen noch überprüft werden, noch ist unklar, ob überhaupt einer der Cold Cases in Verbindung mit Wichmann steht. Gegen Tote wird eigentlich nicht ermittelt, aber Wichmann soll zumindestens in einigen Fällen einen Komplizen gehabt haben. Die Staatsanwaltschaft nennt bei den Morden in Göhrde einen Unbekannten als Mittäter. "Einen, der noch unter uns ist", so Ermittlungsleiter Schubert. Im September 2017 wurde der Mann zu einer Vernehmung eingeladen, ließ jedoch über seinen Anwalt mitteilen, dass er sich nicht äußern wolle.
Verwendete Quellen: Pressemitteilung Polizei Lüneburg, "Spiegel Online", "Zeit Online"