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Phänomen Spiking Unbekannte stechen Fußballfans in Belgien mit Injektionsnadeln – auch Kinder betroffen

Voll besetzte Tribüne mit Fans von KV Mechelen in Belgien
In der Enge auf der Tribüne des belgischen Fußballvereins KV Mechelen wurden etliche Menschen zu Spiking-Opfern – darunter auch Kinder.
© Tom Goyvaerts / Picture Alliance
In Belgien sind bei zwei Großveranstaltungen etliche Menschen zu Spiking-Opfern geworden. Vor allem Fußballfans des KV Mechelen mussten ins Krankenhaus gebracht werden. Das Phänomen gibt Rätsel auf.

Die Polizei der zwischen Brüssel und Antwerpen gelegenen Region Mechelen-Willebroek hat bestätigt, dass es bei einem Spiel der höchsten belgischen Fußballliga zwischen KV Mechelen und KRC Genk zu zahlreichen Spiking-Fällen gekommen ist. Wie die Tageszeitung "Het Laatste Nieuws" (HLN) berichtet, seien bei 14 Anhängern des KV Mechelen am vergangenen Samstag Verletzungen durch Nadelinjektionen festgestellt worden. Die Betroffenen hatten zuvor über Übelkeit geklagt. Mindestens zwei weitere Spiking-Fälle wurden der Polizei von der Belgian-Pride-Parade in Brüssel gemeldet.

Die Mechelen-Fans hatten am Samstag während des Spiels plötzlich über Unwohlsein geklagt. Zuvor haben nach Polizeiangaben alle einen Stich gespürt. Die Betroffenen, darunter auch Kinder, befanden sich im selben Tribünenbereich. Acht der Personen mussten den Angaben zufolge in ein Krankenhaus gebracht werden; die übrigen sechs konnten vor Ort ärztlich versorgt werden. Eines der beiden Spiking-Opfer, die auf einer Freiluft-Party im Rahmen der Belgian Pride gestochen wurden, erstattete Anzeige bei der Polizei.

Needle Spiking – erste Fälle in Großbritannien

Beim Spiking oder Needle Spiking handelt sich um ein jüngeres Phänomen, bei dem Menschen in der Öffentlichkeit von Unbekannten mit Injektionsnadeln gestochen werden. Die Substanz in den Nadeln verursacht laut Experten in den meisten Fällen Schwindel, Übelkeit, Verwirrtheit, Gleichgewichts- und Sprachstörungen sowie Gedächtnisverlust. Je nach Gelegenheit wird die Substanz auch in ein Getränk gegeben – meist in Clubs oder Discotheken; dann ist vom Drink Spiking die Rede. Die ersten Fälle von Needle Spiking wurden etwa ab September 2021 aus Großbritannien und Irland bekannt und betrafen zumeist junge Frauen. Auch in Frankreich, den Niederlanden und nun in Belgien gab es Spiking-Vorfälle. Das Phänomen trete "sowohl auf Partys als auch in Discotheken und jetzt auch bei Fußballspielen" auf, berichtete am Samstag ein Sprecher der Belgian Pride. Die Öffentlichkeit müsse so gut wie möglich für das Phänomen sensibilisiert werden. Vor allem in Großbritannien wurden Berichten zufolge Kontrollen verstärkt.

Droge Fentanyl in einer Plastiktüte

Die Polizei in Mechelen hofft über Videobilder aus dem Fußballstadion Verdächtige identifizieren zu können. Ob es bereits Vernehmungen gegeben habe, wollte ein Polizeisprecher nicht sagen. Die 14 Opfer seien bisher nur kurz vor der medizinischen Betreuung befragt worden. Diese Befragungen sollen in den kommenden Tagen fortgesetzt werden. Die Ermittler hoffen, dass sich die Betroffenen erinnern können, wer zum Zeitpunkt, an dem sie den Stich spürten, in ihrer Nähe war.

Experten rätseln über Tatmotiv

Eine erste toxikologische Untersuchung gibt nach Angaben der Polizei vorerst keinen Grund zu weiterer Beunruhigung. Geprüft werden müsse noch, ob den Fußballfans tatsächlich eine Substanz verabreicht worden sei, und wenn ja, welche. Der Toxikologe Jan Tytgat glaubt, dass die Täter in diesen Fällen Fentanyl oder Ketamin verwenden. "Fentanyl wirkt so schnell, dass man mit einer sehr kleinen Menge betäuben kann", erläutert Tytgat der Tageszeitung "Nieuwsblad". Der Experte glaubt nicht, dass es sich um die "klassische Vergewaltigungsdroge" GHB handelt. Diese wirke nicht so schnell und stark.

Weitgehend rätselhaft ist auch das Motiv – vor allem angesichts der Tat im Stadion von Mechelen. Beim Drink Spiking in einem Club gehe es darum, jemanden durch eine Droge gefügig zu machen. "Aber in einem vollen Fußballstadion, mit Männern und Frauen als Opfer? Das passt nicht dazu, jemanden diskret außer Gefecht zu setzen", so Tom Evenepoel von der Drogenhilfe.

Quellen: "Het Laatste Nieuws"; "Nieuwsblad"

dho

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