Crime Story Ihr Hof, ihre Hölle

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In der ostwestfälischen Abgeschiedenheit blüht eine Freundschaft zwischen zwei Männern, die hervorragend zueinander passen – und die sich besser nie begegnet wären.
Luftbild des Hofs in Hille
In der Abgeschiedenheit des Hofes entwickelte sich nichts Gutes
© Alexander Lehn

Jochen Kleine braucht zum Glücklichsein nicht viel. Zigarette. Bier. Ruhe. Das reicht ihm schon. Kleine ist ein bescheidener Mann.

Vieles spricht deshalb dafür, dass er zufrieden ist am 26. August 2017. An diesem Sommerabend sitzt Kleine, 64, dichter Schnauzer und scheuer Blick, vor einer rotbraunen Gartenhütte mit karierten Gardinen. Die Hütte steht auf dem Pferdehof, auf dem Kleine arbeitet, gleich hinter einer verwitterten Scheune, bei einem Tannenwäldchen.

Mit ihm am Tisch sitzen zwei Bekannte. Karl Pannhorst* (Namen mit * wurden geändert), 51, Eigentümer des Hofes, und Tim Niemeyer*, 23. Die Männer grillen, trinken Bier, ihre Stimmen hallen über die Dächer, die Laune ist gut in diesen Stunden.

Kleine sieht wohl nicht, welche SMS-Nachrichten seine Trinkgenossen sich schreiben.

Karl Pannhorst (26.8.2017, 20:17 Uhr): Müssen noch etwas warten!
Tim Niemeyer (20:17 Uhr): Warum?
Tim Niemeyer (20:18 Uhr): Wir machen das schon

*

Renate Kleine erinnert sich noch heute genau daran, wie es ein halbes Jahr später an ihrer Haustür klingelte. Als sie öffnete, standen da zwei Polizeibeamte. Sie sagten, Kleine solle sich bei der Mordkommission melden. Ihr Bruder werde vermisst.

Erschienen in stern Crime 42/2022