Er gilt als Kopf jener Gruppe, die einen verheerenden Anschlag in Deutschland plante: Der Terrorverdächtige Fritz Gelowicz. In einem Gespräch mit dem stern zwei Monate vor seiner Festnahme forderte er, dass man ihn in Ruhe lassen möge. Der stern hatte den 28-jährigen Konvertiten im Rahmen einer Recherche über so genannte islamistische Gefährder befragt. Wie jetzt bekannt wurde, fuhr er eine Woche später nach Hannover, um sich Fässer voller Wasserstoffperoxid zu besorgen, mit dem man Sprengstoff herstellen kann. stern.de dokumentiert das Telefoninterview vom 13. Juli 2007 in Auszügen:
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die Terrorzelle um Fritz Gelowicz lesen Sie im neuen stern
Herr Gelowicz, seit wann wissen Sie, dass Sie ein so genannter Gefährder sind?
Man erfährt ja selber nicht, dass man als Gefährder eingestuft wird. Man wird halt stark überwacht, aber das merkt man unter Umständen nicht. Und wenn man unter dieser Überwachung ist, dann wird jede Tat, die man tut und jedes Wort, das man sagt, von den Ermittlern in einem anderen Licht gesehen. Sie versuchen, in alles einen kriminellen Hintergrund hineinzuinterpretieren. Man wird mit ganz banalen Sachen konfrontiert, die plötzlich als sonst was durchgehen. Als Terrorplanung oder so.
Können Sie ein Beispiel nennen, was so eine "banale Sache" ist?
Es reicht, dass Sie sich einmal oder zweimal mit einem treffen, der bei den Behörden als sehr gefährlich eingestuft ist. Sie selbst wissen das nicht. Sie treffen sich vielleicht geschäftlich oder aus anderen Gründen mit ihm. Dieses Treffen wird dann als Terrorplanung interpretiert.
Wann haben Sie gemerkt, dass Sie überwacht werden?
Als die Polizei zu mir gekommen ist, meine Tür eingeschlagen hat und die Wohnung durchsucht hat. Das war am 6. Januar.
Sie sollen am 31. Dezember 2006 mit zwei Bekannten eine US-Kaserne in Hanau ausspioniert haben.
Die Anschuldigungen sind natürlich absurd. Ich war an dem Tag in Frankfurt, das stimmt. Es stimmt nicht, dass wir irgendwas ausgespäht hätten. Es war ein ganz normaler Besuch bei jemandem. Wir sind dann einfach in der Gegend rumgefahren. Wir haben einen Platz mit Aussicht gesucht, es war Silvester. Wir haben ihn nicht gefunden und sind ein paar Mal um den Block gekurvt. Das wurde als "Ausspähung" interpretiert. Ich wusste gar nicht, dass das eine Kaserne war.
Herr Gelowicz, warum sind Sie zum Islam konvertiert?
Ich hatte einen guten Freund, der Muslim war. Irgendwann fragt man: Warum fastest du? Warum isst du kein Schweinefleisch? Man fragt immer weiter. Irgendwann erkennt man, dass Gott einen Propheten geschickt hat, der alle Offenbarungen in einer Offenbarung vollendet. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass es die richtige Religion ist.
Viele junge Muslime gehen für länger ins Ausland, was tun sie da?
Man geht ins Ausland, um die arabische Sprache zu lernen. Oder weil man in einer islamischen Umgebung leben will. Die zwei Gründe gibt es, ansonsten hat ein Auslandsaufenthalt keine Bedeutung.
Viele landen in Pakistan, warum?
Es kann sein, dass sie auch in Pakistan mit anderen Muslimen zusammen sein wollen. In Pakistan gibt es ja viele Islam- und Koranschulen, wie man jetzt ja auch in den Medien hört. Vielleicht gehen sie zum Lernen dorthin. Vielleicht.
Und kommen dann verändert zurück ...
Dass man dort radikalisiert wird, ist absoluter Schwachsinn. Wer sich auskennt, weiß, dass es in den arabischen Ländern wirklich strenger ist als hier. Dass es dort sehr gefährlich ist, irgendwelche radikalen Meinungen zu vertreten. Jemand, der radikale Gedanken hat, für den gibt es in den meisten arabischen Ländern keinen Platz. Radikalität, die können Sie überall finden. Das müssen Sie nicht nach Arabien gehen.
Wie leben Sie als so genannter Gefährder?
Ich führe ein ganz normales Leben wie jeder andere Bürger auch. Ich habe zig Beschäftigungen und Interessen, wie jeder andere auch. Aber man fühlt sich nicht mehr so frei wie früher.
Herr Gelowicz, was ist Ihre Vision für die deutsche Gesellschaft?
Also, meine Vision ist einfach Toleranz. Dass man jemanden so lange in Ruhe lässt, solange er selber niemanden beeinträchtigt. Das muss man von den Muslimen erwarten, aber auch von den Nicht-Muslimen. Ich verlange nur, dass man mich so leben lässt.