US-Staatsanwalt Er schickte einen Unschuldigen in die Todeszelle - dies ist seine Entschuldigung

Es erinnert an den Fall in der Netflix-Doku "Making a Murderer": Als Staatsanwalt sorgt Marty Stroud dafür, dass ein Unschuldiger zum Tode verurteilt wird. Über 30 Jahre später plagt ihn sein schlechtes Gewissen.

"Es fühlt sich an, als wäre da ein Loch in mir", beschreibt Marty Stroud seine Gefühle. "Als würde mir eine Kugel durch die Eingeweide gejagt." Es ist die Erinnerung, die ihn so quält. Als junger Staatsanwalt hat er dafür gesorgt, dass der 34-jährige Glenn Ford zum Tode verurteilt wird. Ford - ein zweifacher Vater, der mit seiner Frau zum Zeitpunkt der Verurteilung ein drittes Kind erwartet - sitzt 30 Jahre in der Todeszelle, bis seine Unschuld doch noch bewiesen wird.

"Mister Ford", beginnt Stroud seine Entschuldigung in dem Video auf der Medienplattform "Fusion", "unsere Wege haben sich vor vielen Jahren gekreuzt, wie Sie wissen - ich war ein junger Vertreter der Anklage, Sie saßen im Gefängnis. (...) Sie müssen sich damals hilflos gefühlt haben, denn Ihre Anwälte hatten gute Absichten, aber keine Erfahrung." Ford müsse sich im Gerichtssaal ziemlich alleine gefühlt haben, so Stroud mit belegter Stimme.

30 Jahre ohne soziale Kontakte im Gefängnis

Nach der Verhandlung, erinnert sich Stroud, erging das Urteil der - durch die Bank weißen - Jury über den schwarzen Angeklagten: Todesstrafe. "Sie wurden nach Angola (Hochsicherheitsgefängnis in Louisiana - Anm. d. Red.) geschickt, wo sie 30 Jahre in einer Zelle verbrachten, besser gesagt: einem Käfig." 30 Jahre werden Ford mehr oder weniger alle sozialen Kontakte untersagt, bis neue Beweise auftauchen, die 1984 nicht mal für eine Verhaftung gereicht hätten. Von einer Anklage ganz zu schweigen.

Er könne sich nur ausmalen, wie Ford sich gefühlt haben muss in seiner winzigen Zelle. Wie er Tag, für Tag, Monat für Monat, Jahr für Jahr nur herumsaß. "Es tut mir leid, was ich Ihnen angetan habe", sagt Stroud, "was ich Ihrer Familie angetan habe. Ich entschuldige mich bei Ihnen für die Grausamkeit unseres Systems, das versucht hat, Sie zu töten wegen eines Verbechens, das Sie nicht begangen haben." Die US-amerikanische Strafjustiz war zuletzt immer schärfer für ihre vermeintliche Willkür in die Kritik geraten, nicht zuletzt dank der großen Aufmerksamkeit für die Netflix-Doku "Making a Murderer".

"Die Leere, die ich fühle, wünsche ich niemandem"

Das Risiko, auch nur einen Unschuldigen hinzurichten, sei es nicht wert, so Stroud. Immer wieder ringt er nach Worten, stammelt: "Die Leere, die ich fühle, wünsche ich niemandem." Für sich hat er die Konsequenz aus der traumatischen Erfahrung gezogen: Heute arbeitet Stroud als Strafverteidiger.

Glenn Ford saß länger in der Todeszelle als die meisten Verurteilten in der Geschichte der USA. 2014 wurde er wegen der neuen Beweise nach 30 Jahren entlassen. 15 Monate später starb er an Lungenkrebs, der im Gefängnis nicht behandelt worden war.

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