Der wegen eines Drogendelikts in einem schleswig-holsteinischen Gefängnis sitzende deutsche Verdächtige im Vermisstenfall der Britin Madeleine "Maddie" McCann hat erneut einen Antrag auf Haftentlassung gestellt. Dafür sei nun das Landgericht Kiel zuständig und nicht mehr wie bei dem vorherigen, vor zwei Tagen zurückgezogenen Antrag das Landgericht Braunschweig, teilte der Rechtsanwalt des 43-Jährigen, Friedrich Fülscher, am Donnerstag der DPA mit. Erst am Dienstag hatte Fülscher erklärt, Christian B. habe einen zuvor gestellten Antrag auf vorzeitige Haftentlassung zurückgezogen.
Kein Vertrauen in Braunschweiger Justiz
Der 43-Jährige hatte zuvor über seinen Anwalt erklärt, das Vertrauen in die Braunschweiger Justiz verloren zu haben, nachdem das dortige Landgericht ihn seiner Auffassung nach zu Unrecht wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen Amerikanerin verurteilt hatte. Nachdem der Bundesgerichtshof aber das Landgericht Braunschweig in der Frage der Haftentlassung für zuständig erklärt hatte, hatte der Verdächtige seinen Antrag zurückgezogen. Wie der Rechtsanwalt erläuterte, sei bei dem erneuten Antrag nun das Landgericht am Sitz der Haftanstalt zuständig, in die der Mann einsitzt, das ist Kiel.
Das Braunschweiger Landgericht hatte B. im September wegen des Missbrauchs der Frau zu sieben Jahren Haft verurteilt, die Strafe ist aber noch nicht rechtskräftig. Derzeit liegt der Fall beim BGH. B. hielt sich nach Angaben deutscher Ermittler zwischen 1995 und 2007 regelmäßig an der Algarve im Süden Portugals auf.
Christian B. wegen Vergewaltigung verurteilt
In diese Zeit soll auch die mutmaßliche Ermordung des vor rund 13 Jahren in Portugal verschwundenen britischen Mädchens Madeleine McCann fallen. Im Juni teilte die Staatsanwaltschaft Braunschweig mit, dass sie gegen den unter anderem wegen sexuellen Kindesmissbrauchs vorbestraften B. deshalb wegen Mordes ermittelt.
Bei einer vorzeitigen Haftentlassung könnte der Verdächtige trotz der laufenden Ermittlungen gegen ihn im Fall Maddie auf freien Fuß kommen. Grundsätzlich steht im zwar noch die Verbüßung der Strafe in dem Vergewaltigungsfall bevor. Nach Überzeugung der Braunschweiger Richter vergewaltigte der Mann im Jahr 2005 – rund anderthalb Jahre vor Maddies Verschwinden – im portugiesischen Praia da Luz die 72-Jährige. Gegen das im Dezember 2019 gesprochene Urteil hatte der 43-Jährige aber Revision eingelegt.