Vergewaltigungsvorwürfe gegen IWF-Chef Franzosen vermuten ein Komplott

Gab es gar keine Vergewaltigung? Wurde Dominique Strauss-Kahn Opfer einer Verschwörung? Die Mehrheit der Franzosen glaubt das - und ist empört.

Die Mehrheit der Franzosen sieht den Chef des Internationalen Währungsfonds (IWF), Dominique Strauss-Kahn, als Opfer eines Komplotts. 57 Prozent unterstützten in einer am Mittwoch veröffentlichten Umfrage die Vermutung, dass der Sozialist bewusst in die Sex-Affäre geführt wurde. Nur 32 Prozent waren anderer Meinung, 11 Prozent äußerten sich nicht. Unter den Sozialisten bezeichneten sogar 70 Prozent Strauss-Kahn als "Komplott-Opfer". 29 Prozent der Befragten sind der Meinung, dass der französische Präsident Nicolas Sarkozy am meisten von Dominique Strauss-Kahns Untergang profitiert.

DSK, wie er in Frankreich genannt wird, war am Samstag am New Yorker Flughafen festgenommen worden, weil ihm vorgeworfen wird, Sex mit einer Hotelangestellten erzwungen zu haben.Am Tag nach der Verhaftung hatten sich Politiker zu Verschwörungstheorien geäußert. Die ehemalige Ministerin Christine Boutin, die dem konservativen Lager angehört, sagte, sie sei sicher, dass "man Dominique Strauss-Kahn eine Falle gestellt hat, und er hinein getappt ist". Die sozialistische Politikerin Michèle Sagan sprach sogar von "einem internationalen Komplott".

Während die Franzosen empört sind, übt sich die linksliberale Pariser Zeitung "Libération" in Selbstkritik. Englische und amerikanische Zeitungen hatten den französischen Medien vorgeworfen, zu zurückhaltend zu sein und zu sehr die Privatsphäre der Mächtigen zu schützen. "Libération" kommentiert: "Auch diese Zeitung wird weiterhin das Privatleben der Politiker und der Politikerinnen achten. Doch vermutete sexuelle Straftaten erfordern eine journalistische Recherche, die leider in Frankreich zu selten geführt wird. Nutzt jemand seine Macht, um einen Sittenskandal zu vertuschen, so muss dies journalistisch untersucht werden. Doch was tun, wenn Journalisten von Politikern bedrängt oder mit sexistischen Scherzen belästigt werden? Wann wird die Sexualität zu einem politischen Thema? Diese Fragen muss man sich und auch den Betroffenen immer wieder stellen."

Sarkozy verpasst seiner Regierung einen Maulkorb

Die Anklage gegen Strauss-Kahn ist noch nicht erhoben worden, doch bereits jetzt rückt in Frankreich die konservative Regierungspartei UMP von ihm ab. Für Strauss-Kahn solle "in den nächsten Tagen" ein Nachfolger gefunden werden, sagte UMP-Chef Jean-François Copé am Mittwoch. Er sehe keine Möglichkeit für Strauss-Kahn, im Amt zu bleiben.

Gleichzeitig hat Präsident Sarkozy seiner Regierung einen Maulkorb verpasst: Er hat hat seinen Regierungsmitgliedern untersagt, sich zur Festnahme von Strauss-Kahn zu äußern. "Wir respektieren die amerikanische Justiz und die Unschuldsvermutung", sagte Regierungssprecher François Baroin. Jeder weitere Kommentar erübrige sich daher. Der Maulkorb kommt reichlich spät, denn in den vergangenen Tagen hatten sich bereits zwei Mitglieder der Regierung geäußert. So hatte sich Umweltministerin Nathalie Kosciusko-Morizet bereits am Montag besorgt gezeigt, dass die Affäre dem Ruf Frankreichs schade. "Neben dem mutmaßlichen Opfer, dem Zimmermädchen, gibt es bereits ein nachweisliches Opfer, und das ist Frankreich", sagte sie. Premierminister François Fillon äußerte sich lediglich hinter verschlossenen Türen - doch natürlich drangen seine Worte nach außen: "Wenn sich die Vorwürfe als wahr herausstellen, dann handelt es sich um einen sehr schwerwiegenden Akt, der nicht entschuldigt werden kann. Das mutmaßliche Opfer verdient unseren Respekt und unser Mitgefühl", sagte er vor Abgeordneten.

Nach Informationen des Enthüllungsblatts "Le Canard Enchaîné" sorgt sich Sarkozy vor allem darum, dass die Haltung des Regierungslagers als schadenfroh gewertet werden könne. Strauss-Kahn galt als Sarkozys gefährlichster Gegner für die Präsidentschaftswahl 2012. "Wir müssen auf jeden Fall vermeiden, dass man denken könnte, der Fall von DSK sei eine gute Nachricht für uns", zitiert das Blatt den Präsidenten.

DPA
kag/ukl/AFP/DPA

PRODUKTE & TIPPS